Berlin. Die CSU streitet über die Verwendung der Milliardenüberschüsse im Gesundheitswesen. Nachdem sich Bayerns Finanzminister Markus Söder für eine Abschaffung der Praxisgebühr ausgesprochen hatte, sprach sich CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt dafür aus die Krankenkassenbeiträge zu senken.

Mit Markus Söder hat sich am Dienstag erstmals ein hochrangiger CSU-Politiker offen für ein Ende der Praxisgebühr ausgesprochen. Söder sagte der "Frankfurter Rundschau": "Es gibt Milliardenüberschüsse im Gesundheitsfonds. Es ist also denkbar, die Praxisgebühr abzuschaffen, vor allem weil ihre Steuerungsfunktion nicht so stark war."

Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) sah sich durch Söders Äußerungen in seiner Ablehnung der Praxisgebühr bestätigt. "Wir freuen uns, dass auch in anderen Parteien die Überlegung Halt findet, die Gebühr abzuschaffen", sagte Bahrs Sprecherin am Dienstag in Berlin. Der Bundesgesundheitsminister und die FDP drängten schon seit Langem darauf, die umstrittene 10-Euro-Zahlung für Arztbesuche endlich aufzugeben, betonte die Sprecherin.

Arbeitnehmer und Arbeitgeber würden um rund drei Millionen Euro entlastet werden

Als Alternative zur Abschaffung der Praxisgebühr spricht sich dagegen die CSU-Landesgruppe im Bundestag für eine Senkung des Beitragssatzes der gesetzlichen Krankenversicherung aus. Dies entspreche dem Meinungsbild der CSU-Bundestagsabgeordneten, sagte Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt am Dienstag in Berlin.

Nach jetzigem Stand sei eine Reduzierung des allgemeinen Beitragssatzes von zurzeit 15,5 Prozent um 0,3 Prozentpunkte möglich. Einer allgemeinen Faustformel zufolge würden Arbeitnehmer und Arbeitgeber somit um rund drei Milliarden Euro entlastet.

Hasselfeldt wandte sich in harschen Worten gegen Äußerungen des bayerischen Finanzministers Markus Söder, der in der "Berliner Zeitung" die Abschaffung der Zehn-Euro-Abgabe als denkbar bezeichnet hatte. "Es muss den bayerischen Finanzen offensichtlich schon sehr gut gehen, dass der bayerische Finanzminister sich jetzt auch um die Gesundheitspolitik in Berlin kümmert", kommentierte Hasselfeldt die Äußerungen ihres CSU-Kollegen. Offenbar habe er dazu Zeit.

Ziel sei es, Lohnnebenkosten zu senken

Für die CSU-Landesgruppe habe die Absenkung des Beitragssatzes eindeutig Priorität, wenn es um die Verwendung der Überschüsse im Gesundheitswesen gehe. Ziel sei letztlich immer gewesen, bei vorhandenen Spielräumen die Lohnnebenkosten zu senken.

Auch für Unionsfraktionsvize Johannes Singhammer ist vom Vorstoß seines Parteifreundes Markus Söder nicht begeistert. "Wir als CSU-Landesgruppe sind für die Beibehaltung der Praxisgebühr. Daran hat sich nichts geändert", sagte Singhammer am Dienstag der Nachrichtenagentur dapd in Berlin. "Ich war über die Bemerkung von Markus Söder überrascht", fügte er hinzu. "Bevor die Praxisgebühr als wichtiges Steuerungselement abgeschafft wird, sollten wir darüber nachdenken, ob wir nicht den Beitragssatz für die Krankenversicherung senken", sagte der CSU-Gesundheitsexperte.

In der Fraktion gebe es beim Thema Praxisgebühr unterschiedliche Auffassungen

Zu der Option, ein Ende der Praxisgebühr als Gegenleistung für die Zustimmung zum von der CSU geforderten Betreuungsgeld zu akzeptieren, sagte Singhammer, er halte wenig von "politischem Kuhhandel". Er fügte hinzu: "Auch die Wähler verstehen es nicht, wenn zwei völlig verschiedene Themen miteinander vermischt werden

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unions-Fraktion, Michael Grosse-Brömer (CDU), sagte, in der Fraktion gebe es beim Thema Praxisgebühr unterschiedliche Auffassungen. Es gelte jedoch: "Wir haben die Grundtendenz, sie nicht abzuschaffen."

Vor allem die FDP dringt auf ein Aus für die Praxisgebühr, aber auch SPD, Grüne und Linke. Bundeskanzlerin Angela Merkel war vergangene Woche von ihrem strikten Nein zur Abschaffung abgerückt und hatte sich zu einer Überprüfung bereiterklärt. Hintergrund sind die steigenden Milliardenüberschüsse im Gesundheitswesen und bei den gesetzlichen Krankenkassen. Erwartet wird, dass das Thema demnächst bei einem Spitzentreffen zusammen mit anderen Streitpunkten wie Betreuungsgeld und Rente beraten wird. (rts/dapd)