Luxemburg. Die sogenannte Finanztransaktionssteuer rückt näher. Die treibenden Kräfte Deutschland und Frankreich haben neun weitere EU-Länder ins Boot geholt. Sie wollen mit der neuen Steuer riskante Finanzspekulationen unattraktiver machen. Bis zur tatsächlichen Einführung ist es aber noch ein weiter Weg.

Elf EU-Länder wollen gemeinsam eine Finanzstransaktionssteuer einführen. Das sagte EU-Steuerkommissar Algirdas Semeta am Dienstag nach Beratungen der EU-Finanzminister am Dienstag in Luxemburg. Für ein Vorgehen im kleinen Kreis hatten besonders Deutschland und Frankreich geworben, da eine Einführung auf EU-Ebene gescheitert war.

Die elf Länder wollen die Abgabe auf Bank- und Börsengeschäfte nun im Rahmen der sogenannten verstärkten Zusammenarbeit einführen. Dafür sind mindestens neun EU-Länder nötig sowie die Zustimmung der übrigen Mitgliedsstaaten, auch wenn die sich nicht beteiligen. EU-Diplomaten zufolge haben neben Deutschland und Frankreich auch Belgien, Österreich, Portugal, Slowenien, Griechenland, Italien, Spanien, Slowakei und Estland ihre Teilnahme zugesagt.

Die neue Steuer soll riskante Finanzgeschäfte eindämmen

Eine Abgabe auf Finanzgeschäfte soll die Bankenbranche nicht nur an den Kosten des Kampfes gegen die Schuldenkrise beteiligen, sondern auch Methoden wie den Hochfrequenzhandel bremsen, in dem Kritiker einen Grund für Börsenturbulenzen sehen.

Seit Jahren wurde um die Steuer gerungen, die Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der frühere französische Staatschef Nicolas Sarkozy zu einem Prestigeprojekt erkoren hatten. In vielen Hauptstädten gab es massiven Widerstand, insbesondere in der Londoner City und in Stockholm. Auch Euroländer wie Luxemburg und die Niederlande wollen nicht mitmachen. "Drei unabhängige Studien haben uns die verheerenden Auswirkungen bescheinigt", sagte Schatzmeister Jan Kees de Jager aus Den Haag. "Deswegen sind wir dagegen."

Die FDP sperrte sich lange gegen die Steuer, zieht jetzt aber mit

Auch innerhalb der Berliner Regierungskoalition wurde lange gestritten. Schließlich beugte sich die FDP und akzeptierte, dass die Finanztransaktionssteuer nun als erster Schritt in einer Gruppe von Vorreitern eingesetzt werden soll. In den EU-Verträgen ist dafür das Instrument der sogenannten verstärkten Zusammenarbeit vorgesehen. Als einer der letzten Staaten sprang Griechenland am Montag auf den Zug und hinterlegte bei Semeta die Unterschrift: einen Tag vor dem Besuch Merkels in Athen. Nach Diplomatenangaben wollte auch Italien mitziehen, auch Estland wird im Boot erwartet. In jedem Fall dabei sind neben Deutschland, Frankreich und Österreich auch Belgien, Slowenien, Portugal und Griechenland.

Auch Gegner der Steuern müssten der Einführung zustimmen

Doch selbst wenn die Mindestzahl von neun Steuerfreunden zusammenkommt - bis zur tatsächlichen Einführung wäre es noch ein weiter Weg: Steuerkommissar Semeta müsste dann einen Vorschlag machen, und auch die Gegner müssten dem Vorpreschen der Vorreiter zustimmen. Eine weitere Hürde: Die willigen Länder müssen sich nicht nur darauf einigen, welche Geschäfte wie hoch besteuert werden. Sondern auch darauf, wie sie die erhofften Einnahmen ausgeben wollen. Wackelkandidat Polen etwa fordert, die Abgabe als neue Quelle für den EU-Haushalt zu nutzen.

Auch die österreichische Ressortchefin Fekter sagte am Dienstag, das Geld könne "für gemeinsame Sicherheitsnetze wie die Einlagensicherung, die Liquidation von Banken oder den Abbau der Schuldenberge" genutzt werden. Sie könne ihren Landsleuten nicht vermitteln, "dass wir beispielsweise die Sparguthaben der Zyprioten sichern müssten. Da soll es eine neue Quelle geben". Das jedoch ist mit Berlin nicht zu machen. Die Position von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU): Das Geld muss in den nationalen Haushalt fließen. (dapd)