Brüssel. . Eine Expertengruppe hat am Dienstag in Brüssel Vorschläge zum Schutz der Sparer präsentiert: Banken ab einer bestimmten Größenordnung sollen in Zukunft selbst dafür sorgen, dass sie Finanzkrisen überstehen. Für die Rettung sollen nicht mehr die Steuerzahler zur Kasse gebeten werden.
Banken sollen künftig selbst für ihre Rettung aufkommen – nicht mehr die Steuerzahler. Eine Expertengruppe um den finnischen Notenbank-Chef Erkki Liikanen präsentierte am Dienstag in Brüssel entsprechende Vorschläge.
EU-Marktkommissar Michel Barnier zeigte sich entzückt. Er erwägt, die Empfehlungen des zehnköpfigen Teams um den einstigen EU-Kommissar Liikanen als Basis für einen weiteren EU-Gesetzesvorschlag zur Bändigung der Banken zu nehmen – als Lehre aus der Weltfinanzkrise.
Warum kümmern sich die Experten um die Banken?
Die Expertentruppe sollte untersuchen, wie Banken aufgebaut sein müssen, um krisenfester zu werden. Sie wollen die Branche widerstandsfähiger gegen Turbulenzen machen. In der jüngsten Weltfinanzkrise hatten sich einige Banken in Deutschland und anderen EU-Staaten verspekuliert. Die Politik rettete die klammen Institute mit Geldern der Steuerzahler.
Steuerzahler sollten nicht noch einmal mit ihrem Geld für Verfehlungen von Banken aufkommen. Das fordert die EU-Kommission, aber auch SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück.
Was schlagen die Experten vor?
Innerhalb einer Bank sollen risikoreichere Geschäfte wie der Handel mit Wertpapieren strikt vom Privatkundengeschäft abgetrennt werden. Jeder Bereich wäre dann nur für sich selbst verantwortlich. Gerät ein Bereich in Schieflage, zieht er den anderen nicht mit hinunter. Zudem können Spareinlagen von Kunden dann nicht mehr als Sicherheiten für riskantere Wertpapier-Geschäfte dienen.
Diese Aufspaltung soll für Geschäftsbereiche ab einer bestimmten Größe gelten. Kleine Banken wären also nicht betroffen.
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Zudem sollen Banken ihre Geschäfte mit ausreichend Kapital absichern. An Regeln, die Risikopuffer zu vergrößern, arbeiten die Europäer bereits. Die Experten loben auch die EU-Pläne, Notfalltöpfe einzurichten, die die Branche selbst füllt. Dann müsse ein Staat einer Bank nicht mehr mit Steuergeldern beispringen, falls sie taumele oder schließen müsse.
Die Experten halten Strafen für nötig, damit Aufsichtsbehörden auf sorgfältiges Verhalten des Führungspersonals drängen könnten. Eine mögliche Strafe könne ein lebenslanger Arbeitsbann sein.
Welche Auswirkungen hätte so ein Umbau auf Verbraucher?
„Steuerzahler werden profitieren“, glaubt Liikanen. Sie müssten nicht mehr wie bisher einspringen, wenn eine Bank krisele. Der finnische Notenbank-Chef glaubt auch, dass seine Vorschläge den Wettbewerb zwischen Banken anheizen könnten, was letztlich den Kunden nutze.
Lob kommt von der europäischen Verbraucherschutzorganisation BEUC. Die Trennung der Geschäftsbereiche einer großen Bank schütze Spargelder von Bankkunden vor Spekulationsverlusten zum Beispiel im risikoreichen Wertpapierhandel der Bank.
Der grüne EU-Parlamentarier Sven Giegold sieht einen weiteren Nutzen: „effektives Trennbankensystem schirmt Anbieter und Verkäufer von Bankprodukten voneinander ab“, sagt er. „Wir können so die negativen Anreize für Berater abschaffen, dem Kunden möglichst provisionsträchtige Produkte zu verkaufen.“
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Zurückhaltender gibt sich ein Sprecher des Bundesverbands der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR): „Zum jetzigen Zeitpunkt ist es zu früh, dazu etwas zu sagen.“ Direkte Auswirkungen auf Bankkunden hätten die Vorschläge wohl nicht, falls sie umgesetzt würden.
Wie reagiert die Bankenbranche?
Trotzdem kritisiert der Bankenverband BVR die Vorschläge der Experten. Das sei der falsche Weg, um die deutsche Finanzbranche besser für Krisen zu rüsten. Im Gegenteil: „Der Wirtschaftsstandort würde geschwächt.“ Das schade letztlich auch den Verbrauchern.
Zwar gebe es in Großbritannien und den USA Bestrebungen, das risikoreichere Investmentbanking vom Privatkundengeschäft per Gesetz abzutrennen. Deutschland dagegen habe ein „historisch gewachsenes und bewährtes“ System von Banken, die alle Finanzangebote aus einer Hand anböten. Das nütze der mittelständisch geprägten Wirtschaft.
Würden diese Strukturen aufgebrochen, schwäche das den „Wirtschaftsstandort“. „Letztlich würden auf diese Weise Arbeitsplätze in Deutschland aufs Spiel gesetzt.“
Wie geht’s weiter?
Die EU-Kommission sammelt in den nächsten Wochen Reaktionen der Banken und anderer Interessenvertreter zu den Liikanen-Vorschlägen. Dann prüft Marktkommissar Barnier, ob er auf Basis der Empfehlungen einen EU-Gesetzesvorschlag macht. Der könnte bis nächsten Sommer den Staaten und dem EU-Parlament vorliegen.