Berlin. . Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger hat für ihren Vorstoß, den Ankauf illegal erworbener Bankdaten unter Strafe zu stellen, kaum Rückhalt. Auch Wolfgang Schäuble und Angela Merkel sprechen von einem Nebenkriegsschauplatz. Und aus NRW heißt es: Es werden weiter CDs gekauft.

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hat für ihre Pläne, den Ankauf von Steuer-CD unter Strafe zu stellen, offenbar nur wenig Rückhalt. Während die Opposition protestiert und die Ministerin als „Lobbyistin von Steuerkriminellen“ beschimpft, geht die Bundesregierung eleganter auf Distanz: Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) nannte den Vorstoß seiner Kollegin gestern einen „Nebenkriegsschauplatz“. Die Kanzlerin ließ erklären, sie sehe das genauso.

Bisher mischte der Bund beim Kauf von Steuer-CDs immer mit

Die Straf-Idee kommt für die Regierung zum denkbar ungelegenen Zeitpunkt. Noch setzt sie darauf, dass das Steuerabkommen mit der Schweiz den Ankauf von Bankdaten überflüssig machen wird.

Die Justizministerin aber hat mit ihrem Vorstoß signalisiert, dass sie an das Inkrafttreten des Abkommens nicht mehr glaubt – zu heftig ist der Widerstand der rot-grün regierten Bundesländer, voran Nordrhein-Westfalen. Doch die Differenz ist nicht nur taktischer Natur, auch in der Sache ist die Regierung uneins: Bisher sei unstreitig, dass der Ankauf von CDs „rechtlich gerechtfertigt ist“, sagt Schäuble. Er bestätigt damit frühere Appelle seines Ministeriums an das NRW-Finanzressort, unverzüglich eine Steuer-CD zu kaufen; der Bund hat hinter den Kulissen fast immer seine Hände im Spiel, wenn ein Land eine gestohlene Datensammlung erwirbt.

Gestohlene Daten sind als Beweismittel vor Gericht zugelassen

Die Justizministerin sieht den Ankauf dagegen in einem juristischen Graubereich, auch bei manchen Unions- und FDP-Politikern gibt es Bedenken. Der Kauf der Kontodaten ist seit dem ersten Deal 2006 umstritten. Klar ist: Das illegale Beschaffen, das Ausspähen von Daten ist eine Straftat. Doch hat das Bundesverfassungsgericht 2010 die staatliche Verwendung illegal erworbener Bankdaten akzeptiert: Gestohlene Daten dürften im Strafverfahren genutzt werden, ein „absolutes Beweisverwertungsverbot“ gelte hier nicht, urteilten die Richter.

Leutheusser-Schnarrenberger prüft jetzt eine Änderung des Strafgesetzbuches, die den Ermittlern den Zugang zu solchen Informationen dauerhaft versperren würde. Anknüpfen will die FDP-Politikerin an eine Initiative der Länder-Justizminister. Die sehen eine Gesetzeslücke und wollen einen neuen Strafbestand der Datenhehlerei einführen – nicht nur das Ausspähen, auch der anschließende An- und Verkauf soll strafbar sein.

"Wie das Hornberger Schießen"

Hessens Justizminister Jörg-Uwe Hahn (FDP) ist beauftragt, einen Gesetzentwurf zu erarbeiten, auf ihn beruft sich Leutheusser-Schnarrenberger. Dumm nur, dass Hahn und die Länderkollegen den An- und Verkauf von Steuer-CDs von der Strafbarkeit ausnehmen wollen. Ihnen geht es um den Handel etwa mit Kreditkarten-Daten.

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    So steht Leutheusser-Schnarrenberger vorerst allein da – und zieht den Protest auf sich. Der Chef der Steuer-Gewerkschaft, Thomas Eigenthaler, nennt den Vorstoß „rechtsstaatlich höchst bedenklich“, sieht aber auch Positives: Indirekt bestätige die Ministerin, dass der Datenerwerb nicht strafbar sei, meint Eigenthaler. Anzeigen gegen NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) würden „ausgehen wie das Hornberger Schießen“. Das Land will ohnehin am Ankauf gestohlener Steuerdaten festhalten, versichert Justizminister Thomas Kutschaty (SPD).