Berlin. . Fast 25 Jahre nach dem mysteriösen Tod von Uwe Barschel haben die Ermittler fremdes DNA-Material auf den Kleidern des Politikers gefunden. Der genetische Fingerabdruck liefert neues Futter für die Theorie, dass der ehemalige Ministerpräsident von Schleswig-Holstein zum Todeszeitpunkt nicht allein war.

Es ist einer der spektakulärsten Polit-Krimis in Deutschland, gespickt mit Verschwörungstheorien und Ermittlungspannen. Seit Jahrzehnten wird darüber spekuliert, ob der mysteriöse Tod des CDU-Politikers Uwe Barschel Selbstmord oder doch Mord war. Nun kommt neue Bewegung in den 25 Jahre alten Fall. Nach einem Bericht der „Welt am Sonntag“ haben die Ermittler des Kieler Landeskriminalamts DNA-Spuren einer unbekannten Person auf Barschels Kleidern aus der Todesnacht entdeckt. Der genetische Fingerabdruck liefert neues Futter für die Theorie, dass der ehemalige Ministerpräsident von Schleswig-Holstein zum Todeszeitpunkt nicht allein war.

Der ehemalige Landtagsabgeordnete Werner Kalinka, der als einer der besten Kenner der Barschel-Affäre gilt, hat die DNA-Untersuchungen 2010 angeregt. Im Gespräch mit dieser Zeitung forderte er die Lübecker Staatsanwaltschaft nun auf, erneut dem Verdacht nachzugehen, dass der Politiker ermordet wurde.

Test war 1987 noch nicht möglich

Am 11. Oktober 1987 wurde Barschel in der Badewanne seines Zimmers im Genfer Hotel „Beau Rivage“ tot aufgefunden. Während zunächst einiges – etwa Schlafmittel im Körper des Toten – auf Selbstmord hindeutete, gehen heute viele Experten davon aus, dass Barschel umgebracht wurde. Ein Hämatom an dessen Stirn, ein abgerissener Hemdknopf und Schuhfarbe auf dem Badewannenvorleger sind Anhaltspunkte dafür. Ein denkbares Mordmotiv wäre, dass Barschel über illegale Waffengeschäfte im Bilde war. Doch was sich damals genau in Zimmer 317 abgespielt hat, ist bis heute unklar.

Raum für Spekulationen bieten zudem die Ermittlungspannen, angefangen von kaum brauchbaren Polizeifotos vom Tatort und achtlos weggeworfenen Medikamentenpackungen bis hin zu gravierenden Lücken im ersten Obduktionsbericht. Damals war den Schweizer Ermittlern offenbar nicht aufgefallen, dass Barschels Leichnam Verletzungen hatte. Vor einem Jahr musste die Lübecker Staatsanwaltschaft einen schweren Patzer einräumen, die von 1994 bis 1998

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ein Verfahren wegen Mordverdachts geleitet hatte: So war ein auf Barschels Hotelbett sichergestelltes Haar aus der Asservatenkammer verschwunden. Immer wieder kamen daher Gerüchte auf, dass manche staatliche Stellen gar kein Interesse an der Aufklärung des Falls hätten. Diesen Verdacht wiederholte der damalige Chefermittler Heinrich Wille in seinem Buch „Ein Mord, der keiner sein durfte.“

Staatsanwaltschaft will Spur nicht verfolgen

Dass die Kieler LKA-Experten Barschels Kleidung noch einmal unter die Lupe genommen haben, ist Kalinka zu verdanken. Er hat die Lübecker Staatsanwaltschaft 2010 aufgefordert, die Utensilien des Politikers auf genetische Spuren hin zu untersuchen. Das war 1987 so noch nicht möglich.

Das nun gefundene DNA-Material lässt offenbar keinen Rückschluss auf das Geschlecht der Person zu. Es soll aber noch gut genug sein, um es mit möglichen Verdächtigen vergleichen zu können. Die Lübecker Staatsanwaltschaft will die neue Spur dennoch nicht weiterverfolgen. „Die Untersuchungsergebnisse bieten keine zureichenden Anhaltspunkte, die es erlaubten, eine Linie zu eventuell tatverdächtigen Personen zu ziehen“, sagte der leitende Oberstaatsanwalt Thomas-Michael Hoffmann der „Welt am Sonntag“. Kalinka kann dies nicht nachvollziehen. „Ich erwarte, dass die Staatsanwaltschaft ihre Haltung noch einmal überdenkt.“