Köln. . Das Beschneidungs-Urteil des Kölner Landgerichts stößt auch bei Muslimen auf scharfe Kritik. Der Zentralrat der Muslime sieht in darin einen „eklatanten Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften“. Zudem würden bestehende Klischees und Vorurteile verstärkt.

Der Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD) hat heftige Kritik am Urteil des Kölner Landgerichts geübt, wonach die Beschneidung von Jungen aus rein religiösen Gründen grundsätzlich als Straftat zu bewerten ist. Das Urteil stelle einen „eklatanten und unzulässigen Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften und in das Elternrecht“ dar, erklärte der ZMD am Mittwoch in Köln. Zudem werde durch die Einschätzung der Kölner Richter die Rechtsunsicherheit bei allen Beteiligten erheblich wachsen.

Der ZMD-Vorsitzende Aiman Mazyek mahnte, die Religionsfreiheit sei „ein sehr hohes Gut in unserer Verfassung“ und dürfe „nicht Spielball einer eindimensionalen Rechtsprechung sein“. Zudem würden bestehende Vorurteile und Klischees beim Thema Beschneidung durch das Kölner Urteil „noch weiter verfestigt“. Der ZMD erinnerte daran, dass die Beschneidung von Jungen Bestandteil muslimischer Tradition sei. Zudem sei wissenschaftlich erwiesen, dass eine medizinisch fachgerechte Beschneidung nur Vorteile für die Kinder und späteren Erwachsenen mit sich bringe.

Zentralrat der Juden: „Unerhörter und unsensibler Akt“

Das Kölner Gericht hatte in seiner am Dienstag veröffentlichten Entscheidung die Auffassung vertreten, eine Beschneidung sei nicht durch die Einwilligung der Eltern gerechtfertigt, da sie nicht dem Wohl des Kindes entspreche. Der Körper des Kindes werde durch die in Islam und Judentum verbreitete Beschneidung „dauerhaft und irreparabel verändert“. Das Erziehungsrecht der Eltern sei „nicht unzumutbar beeinträchtigt“, wenn sie abwarten müssten, ob sich das Kind später als Volljähriger für eine Beschneidung entscheide.

Zuvor hatte bereits der Zentralrat der Juden das Urteil als „beispiellosen und dramatischen Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften“ kritisiert. Der jüdische Zentralratspräsident Dieter Graumann sprach von einem „unerhörten und unsensiblen Akt“. (afp)