Düsseldorf. Mit einem Schreiben zur Kleiderordnung hat NRW-Landtagspräsidentin Carina Gödecke (SPD) eine Debatte über Benimmregeln vom Zaun gebrochen. Sie bat darin um ein “Mindestmaß an Seriosität“. Schnell wurde spekuliert, der Brief sei ein Seitenhieb gegen die Piraten. Dabei fällt im Landtag gerade eine CDU-Frau durch schrille Outfits auf.

Carina Gödecke versteht die Welt nicht mehr. Es war doch nur „ein ganz übliches, unspektakuläres und internes Informationsschreiben“. Eine bloße Erinnerung an „die bisherigen Gepflogenheiten und Selbstverständlichkeiten zum Verhalten im Plenarsaal“. Wortreich wehrt sich die neue NRW-Landtagspräsidentin aus Bochum auf ihrer Internet-Seite gegen den am Wochenende entstandenen Eindruck, sie wolle den Düsseldorfer Abgeordneten strengere Benimmregeln einpauken.

Gödecke hatte den Fraktionschefs von SPD, CDU, Grünen, FDP und Piratenpartei schriftlich ihre Vorstellung vom öffentlichen Erscheinungsbild des Landesparlaments kundgetan. Bei aller „individuellen Freiheit“ erwarte sie von den Abgeordneten ein „Mindestmaß an Seriosität“ und erinnerte an die althergebrachte Kleiderordnung des Hohen Hauses. Dieser Dresscode steht zwar nicht explizit in der Parlamentsordnung, wurde bislang dennoch allgemein akzeptiert. Die Mindestanforderung: Jacketts für die Männer, bedeckte Schultern bei den Damen, keine Kopfbedeckungen wie Hüte oder Tücher.

Ermahnung in Sachen Kleidung ohne "bestimmten Anlass"

Alles nichts Neues in Düsseldorf? Die schriftliche Erinnerung der formal höchstrangigen Frau im Lande lädt den modischen Konsens mit neuer Bedeutung auf. „Das Schreiben richtet sich nicht gegen irgendeine Fraktion und hat keinen bestimmten Anlass. Es geht um eine allgemeine Information zu Beginn einer Legislaturperiode“, erklärte ein Landtagssprecher eilig auf Nachfrage. Umgehend war spekuliert worden, Gödecke nehme Anstoß an den Parlamentsneulingen von der Piratenpartei.

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Dabei hatte deren Fraktionschef Joachim Paul zur konstituierenden Sitzung eigens eine Krawatte umgebunden. Auch auf den hinteren Abgeordnetenbänken sah man überraschend viele dunkle Anzüge. Grelle Outfits wie bei den Berliner Piraten - man denke nur an den Latzhosen- und Kopftuch-Fan Gerwald Claus-Brunner - gehören offenkundig nicht zum Repertoire des NRW-Landesverbands. Schlabbershirts und Cowboyhüte zieren die Polit-Neulinge allenfalls in internen Fraktionssitzungen.

Andrea Milz mag's bunt und schrill

Auffälliger sind da schon die modischen Vorlieben der CDU-Abgeordneten Andrea Milz, die seit Jahren mit gewagten Hut- und Schuhkreationen irritierte Blicke auf sich zieht. Milz ließ Gödecke per Zeitungsinterview ausrichten, dass sie sich ihre Ticks auch in der neuen Legislaturperiode nicht verbieten lassen werde.

Das geht wohl auch gar nicht: „Es gibt keine Sanktionsmöglichkeiten“, räumt ein Landtagssprecher ein. Wer partout kein Jackett tragen will, ist in seiner Abgeordnetenfreiheit nach geltendem Reglement nicht zu beschneiden. Gödecke scheint dennoch fest entschlossen, das mit 237 Abgeordneten stark aufgeblähte Landesparlament auf einige Grundsätze zu verpflichten.

Bundestag stritt über Krawatten für Schriftführer

Nachdem in der vergangenen Legislaturperiode ein Fairness-Abkommen zwischen Regierung und Opposition für den Fall einer Erkrankung von Abgeordneten („Pairing“) zu Bruch ging und es immer wieder zu Tumulten bei Abstimmungen kam, wollen die guten Sitten in Düsseldorf verteidigt werden. Zumal die Polit-Neulinge von der Piratenpartei bereits mit kruden Nazi-Vergleichen („Ermächtigungsgesetz“) auffielen.

Die Kleidung als angeblich äußerer Ausdruck einer inneren Haltung spielte im Verfassungsorgan Parlament schon immer eine besondere Rolle. Man muss nicht einmal bis ins Jahr 1985 zurückgehen, als ein gewisser Joschka Fischer in Jeans und Turnschuhen als hessischer Minister vereidigt wurde. Auch der Bundestag stritt vor eineinhalb Jahren über die Frage, ob Schriftführer Krawatten tragen müssen. In Düsseldorf ist aus den Anfangstagen der Grünen-Landtagsfraktion eine schöne Begebenheit überliefert: Der Sitzungsleiter bekniete damals eine Abgeordnete der Ökopartei, doch bitte nicht barfuß ans Rednerpult zu treten.

Dresscode fürs Büro

Anzug und Kostüm sind in vielen Berufssparten auf dem Rückzug. Selbst Jeans sind mittlerweile bürotauglich geworden. Sie sollten allerdings eine unauffällige Farbe haben und keine Löcher. Anders sieht es bei klassischen  Berufen, ...
Anzug und Kostüm sind in vielen Berufssparten auf dem Rückzug. Selbst Jeans sind mittlerweile bürotauglich geworden. Sie sollten allerdings eine unauffällige Farbe haben und keine Löcher. Anders sieht es bei klassischen Berufen, ...
...wie Versicherungs- und Bankangestellten, aus. Sie pflegen einen engen Kontakt zu ihren Kunden und müssen einen Anzug tragen. Auch im Sommer sind lange Hosen und Hemden für Männer Pflicht. Frauen sind im Dresscode flexibler ...
...wie Versicherungs- und Bankangestellten, aus. Sie pflegen einen engen Kontakt zu ihren Kunden und müssen einen Anzug tragen. Auch im Sommer sind lange Hosen und Hemden für Männer Pflicht. Frauen sind im Dresscode flexibler ...
... und dürfen auch Kleider und kurze Blusen im Hochsommer tragen. Doch Vorsicht: Zu kurze Kleider oder Röcke wirken schnell unseriös ...
... und dürfen auch Kleider und kurze Blusen im Hochsommer tragen. Doch Vorsicht: Zu kurze Kleider oder Röcke wirken schnell unseriös ...
... und könnten von den Kollegen falsch wahrgenommen werden. Miniröcke lassen die Kompetenz in den Hintergrund rücken. Ein knielanger Rock ...
... und könnten von den Kollegen falsch wahrgenommen werden. Miniröcke lassen die Kompetenz in den Hintergrund rücken. Ein knielanger Rock ...
... ist völlig okay. Miniröcke, die kürzer als eine Handbreite über dem Knie enden, wirken zu sexy. In Kombination mit hochhackigen Schuhen ...
... ist völlig okay. Miniröcke, die kürzer als eine Handbreite über dem Knie enden, wirken zu sexy. In Kombination mit hochhackigen Schuhen ...
... oder kniehohen Stiefeln erst recht. Frauen sollten außerdem darauf achten, immer eine Strumpfhose zu tragen. Auch ausgefallene, peppige Farben ...
... oder kniehohen Stiefeln erst recht. Frauen sollten außerdem darauf achten, immer eine Strumpfhose zu tragen. Auch ausgefallene, peppige Farben ...
... sind zwar ein Hingucker, lenken aber auch schnell ab. Bei sommerlichen Temperaturen...
... sind zwar ein Hingucker, lenken aber auch schnell ab. Bei sommerlichen Temperaturen...
... darf ein Kleid auch einen Auschnitt haben. Mit zu tiefen Ausschnitten ...
... darf ein Kleid auch einen Auschnitt haben. Mit zu tiefen Ausschnitten ...
... tut man sich jedoch keinen Gefallen. Im Notfall sollte man sich lieber von Freunden ...
... tut man sich jedoch keinen Gefallen. Im Notfall sollte man sich lieber von Freunden ...
... beraten lassen. Grundsätzlich gilt: Lieber ein dezenter, unauffälliger Ausschnitt. Auch von zu vielen Schmuckstücken ...
... beraten lassen. Grundsätzlich gilt: Lieber ein dezenter, unauffälliger Ausschnitt. Auch von zu vielen Schmuckstücken ...
... und anderen Accessoires wird abgeraten. Auffällige Handtaschen, Armbänder, Ringe oder Ketten lenken ab und könnten die Kollegen stören. Entscheidend beim Schuhwerk ...
... und anderen Accessoires wird abgeraten. Auffällige Handtaschen, Armbänder, Ringe oder Ketten lenken ab und könnten die Kollegen stören. Entscheidend beim Schuhwerk ...
... ist die Absatzhöhe. High Heels, Pumps und Stiefel sollten nicht höher als 8 cm sein. Auch hier kann das erotische Signal ...
... ist die Absatzhöhe. High Heels, Pumps und Stiefel sollten nicht höher als 8 cm sein. Auch hier kann das erotische Signal ...
...schnell überwiegen. Saubere, geputzte Schuhe hinterlassen einen guten Eindruck. Sandalen ...
...schnell überwiegen. Saubere, geputzte Schuhe hinterlassen einen guten Eindruck. Sandalen ...
... sind dagegen im Büro erlaubt. Natürlich sollten Frauen nur mit gepflegten Fußnägeln Sandalen tragen. Flip Flops sind dagegen tabu. Auffällige Tattoos ...
... sind dagegen im Büro erlaubt. Natürlich sollten Frauen nur mit gepflegten Fußnägeln Sandalen tragen. Flip Flops sind dagegen tabu. Auffällige Tattoos ...
... und Piercings sind  bei vielen Arbeitgebern nicht gerne gesehen. Sie sollten möglichst verdeckt werden ...
... und Piercings sind bei vielen Arbeitgebern nicht gerne gesehen. Sie sollten möglichst verdeckt werden ...
... oder rausgenommen werden. Uneinigkeit herrscht über die Frisur. Haare, die zu einem Zopf ...
... oder rausgenommen werden. Uneinigkeit herrscht über die Frisur. Haare, die zu einem Zopf ...
... gebunden sind, wirken zwar eher streng, senden aber auch keine erotischen Signale. Gegen offene Haare ...
... gebunden sind, wirken zwar eher streng, senden aber auch keine erotischen Signale. Gegen offene Haare ...
... haben die meisten Arbeitgeber nichts einzuwenden. Bunter Nagellack ...
... haben die meisten Arbeitgeber nichts einzuwenden. Bunter Nagellack ...
... kann schon eher ein Problem sein. Dezente Farben sind kein Problem. Dunkelrot oder ein grelles Pink ...
... kann schon eher ein Problem sein. Dezente Farben sind kein Problem. Dunkelrot oder ein grelles Pink ... © Volker Hartmann
...wirkt störend. Das Gleiche gilt für Make-up. Grelle Farben ...
...wirkt störend. Das Gleiche gilt für Make-up. Grelle Farben ... © AFP
... sind häufig sehr aufdringlich. Dann doch lieber ...
... sind häufig sehr aufdringlich. Dann doch lieber ... © AP
... schlicht und brav.
... schlicht und brav.
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