Berlin. . Die Atomkraftwerke haben den Stresstest nach der Fukushima-Katastrophe längst hinter sich. Jetzt sind endlich – mit großer Verspätung – die Zwischenlager und andere Atomeinrichtungen an der Reihe. 21 Einrichtungen werden bis August geprüft.

Knapp 15 Monate nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima zieht die Bundesregierung für ihre Atompolitik weitere Konsequenzen. Nachdem die deutschen Atomkraftwerke schon 2011 einem Sicherheits-Stresstest unterzogen wurden, sind in den nächsten zehn Wochen verspätet die atomaren Zwischenlager und weitere Atom-Einrichtungen an der Reihe.

Geprüft werden soll: Welche Folgen hätte der Absturz eines großen Verkehrsflugzeugs auf ein Zwischenlager mit gekühlten Brennstäben? Was passiert bei einem extremen Hochwasser? Den schon vor einem Jahr angekündigten Stresstest hat das Bundesumweltministerium nach Informationen unserer Zeitung jetzt für insgesamt 21 Anlagen gestartet.

Stellungnahmen bis zum 17. August

Gerade hat die Entsorgungskommission des Umweltministeriums den neunseitigen Fragenkatalog für die Prüfung fertig gestellt. Der Katalog sei den betroffenen Bundesländern übermittelt worden mit der Bitte, die Stellungnahmen der Zwischenlager-Betreiber dazu bis zum 17. August dem Bundesumweltministerium vorzulegen, sagte eine Ministeriumssprecherin. Die Auswertung soll bis Jahresende abgeschlossen sein.

Die Anlagen werden nun unter anderem auf die Sicherheit bei extremen Erdbeben, Flugzeugabstürzen, Wetterkatastrophen, langen Stromausfällen, Überflutungen, Explosionen und Bränden überprüft – die Belastungen werden jeweils in Dimensionen unterstellt, die nicht Gegenstand der Genehmigungsverfahren oder regulärer Sicherheitsüberprüfungen waren.

In NRW sind es Jülich, Ahaus und Gronau

Das Umweltministerium sagt zur Begründung, die japanische Atomkatastrophe mache eine Neubewertung der Sicherheitsszenarien auch für die Zwischenlager notwendig. „Sicherheitsanforderungen und die Vorgaben für die Sicherheitsanalysen für die Entsorgung von bestrahlten Brennelementen und radioaktiven Abfällen müssen überprüft und gegebenenfalls neu festgelegt werden“, so die Vorgabe des Ministeriums.

In NRW werden die Zwischenlager Jülich und Ahaus und die Urananreicherungsanlage Gronau untersucht. Schwerpunkt der Tests sind die Lager an den zwölf Akw-Standorten, zudem Zwischenlager und Pilotkonditionierungsanlage in Gorleben, das Zwischenlager Lubmin, die Wiederaufarbeitungsanlage und die Verglasungseinrichtung in Karlsruhe sowie die Brennelementeherstellung in Lingen.

Nicht alle Betriebe einbezogen

Kritiker mahnen seit langem, die Zwischenlager, in denen Brennelemente und hochradioaktive Abfälle meist in Castor-Behältern aufbewahrt werden, seien nur mangelhaft etwa gegen terroristische Angriffe geschützt. Anders als geplant werden aber ein Dutzend Betriebe für die Bearbeitung und Lagerung von schwach- bis mittelradioaktiven Abfällen vorerst nicht in den Stresstest einbezogen – dazu zählt in NRW ein Betrieb der Gesellschaft für Nuklearservice (GNS) in Duisburg und das Forschungszentrum Jülich. Die Entsorgungskommission soll noch prüfen, ob es für sie einen Test geben wird. Die Grünen-Atomexpertin Sylvia Kotting-Uhl kritisierte die Ausnahmen und die lange Verzögerung der Tests angesichts der Bedrohung durch ungeschützte Zwischenlager. Den Umfang der Prüfung lobte sie: „Das ist sorgfältig erarbeitet, die relevanten Fragestellungen sind drin“.