Essen. Aus vermeintlich nichtigen Gründen schlagen sie zu. Bei jungen Gewalttätern sinke die Hemmschwelle, beklagt die Hilfsorganisation Weißer Ring nach der Prügelattacke auf zwei Frauen in Mönchengladbach. Sechs Gewalttaten gibt es am Tag an Bahnhöfen in NRW. Nun werden Forderungen nach mehr Polizeipräsenz laut.

Nach der Gewaltattacke mit zwei schwer verletzten Frauen im Mönchengladbacher Hauptbahnhof und einem ähnlichen Vorfall in Essen beklagt die Hilfsorganisation „Weißer Ring“ eine neue Qualität der Jugendgewalt. Es sinke „die Hemmschwelle auf wehrlose Opfer einzuprügeln“, so Veit Schiemann, Sprecher der Opferhilfe. Aus vermeintlich nichtigen Gründen werde immer brutaler zugeschlagen. Und: Immer weniger Menschen trauten sich einzugreifen. „Wir sind zu einer Gesellschaft der Wegseher geworden.“

Die nackte Statistik belegt allerdings keinen Anstieg der Deliktzahlen, insbesondere bei der Bahn. Die Bundespolizei registriert in NRW pro Tag sechs bis sieben Fälle von Körperverletzung. Insgesamt seien 2011 rund 2400 derartige Delikte erfasst worden, so Sprecher Jens Flören – ein leichter Rückgang im Vergleich zum Vorjahr mit 2700 Vorfällen. Wenn man berücksichtige, dass im Ballungsraum Rhein/Ruhr täglich mehr als eine Million Reisende unterwegs sind, sei diese Fallzahl sogar „relativ gering“.

Stärkere Überwachung als Lösung?

Der Sicherheitschef der Bahn, Gerd Neubeck sieht eher „Handlungsbedarf bei Rüpeleien, Rumpöbeln, Verschmutzen – eben unsozialem Verhalten. „Hier würden wir uns wünschen, mehr durchgreifen zu können und mit einem Bußgeld, ähnlich dem Straßenverkehr, ungesittete Fahrgäste zur Ruhe zu bringen“ Das Strafrecht müsse nicht verschärft werden. Eine stärkere Überwachung per Video sei datenschutzrechtlich bedenklich und würde Täter, die im Affekt handeln, ohnehin nicht abschrecken, sagte er im NRZ-Gespräch. In NRW sei das Sicherheitspersonal im vergangenen Jahr um 150 auf 600 Mitarbeiter aufgestockt worden.

Nach Angaben von Frank Richter, Landeschef der Gewerkschaft der Polizei (GdP) fehlen in NRW rund 5000 Polizisten. Der Mangel sei entstanden, weil über Jahre hinweg zu wenig Beamte eingestellt worden seien, während die Arbeit massiv zugenommen habe: „Unsere Auftragsbücher sind voll“, sagte Richter und verwies auf steigende Zahlen etwa bei der Gewalt- oder Einbruchskriminalität. Beamte fehlten in allen Bereichen, für den Bürger besonders sichtbar sei der Mangel beim Streifen- oder beim Ermittlungsdienst.