Düsseldorf. . Carina Gödecke (SPD) soll am Donnerstag zur Parlamentspräsidentin gewählt werden. Und sie muss den Bürgern gleich eine Kostenexplosion erklären. Denn der Landtag hat ein fünfköpfiges Präsidium und eine Rekordgröße.

Wenn beredtes Schweigen ein Merkmal ihres künftigen Amtes ist, dann beherrscht Carina Gödecke diese Disziplin bereits. Frage: Wozu braucht der NRW-Landtag ein fünfköpfiges Präsidium? Die SPD-Frau rutscht etwas tiefer in ihren Stuhl und blickt aus ihrem Bürofenster – ganz so, als treibe die Antwort irgendwo da unten auf dem Rhein. Am Donnerstag will die gebürtige Hessin sich im Parlament zur neuen Präsidentin wählen lassen. Da muss jedes Wort wohl überlegt sein.

„Wir sind ein großes Bundesland mit vielen Aufgaben“, sagt Gödecke ausweichend. Das lässt Raum für Interpretation. In den Fraktionen weiß jeder, dass das Angebot repräsentativer Termine viel zu dünn ist, um damit vier Vizepräsidenten zu beschäftigen. Ein heikles Thema. Denn immerhin kann jeder Vize einen 25-prozentigen Zuschlag auf seine monatlichen Diäten von 10 700 Euro beanspruchen. Dazu Dienstwagen, Fahrer, Sekretariat.

Gödecke wählt also einen Umweg. Der Parlamentsbetrieb, gibt sie offen zu, ließe sich auch mit weniger Personal reibungslos abwickeln: „Die Sitzungsleitung könnte man mit drei Leuten im Präsidium organisieren.“ Als ersten kleinen Schritt auf dem Weg zu einer Reform regt sie die Einrichtung eines – kostengünstigeren – Fahrerpools an. „Das“, sagt die 53-Jährige, „würde die öffentliche Debatte etwas beruhigen.“

Ein Dienstwagen hat schon Vorteile

Den Vorteil eines Dienstwagens als fahrendes Büro weiß Gödecke zu schätzen, seit sie im Jahr 2000 Fraktionsgeschäftsführerin der SPD wurde. Anfangs, wenn der Fahrer sie daheim in Bochum abholte, habe sie gedacht: „Hoffentlich sehen mich die Nachbarn nicht.“ Das legte sich. Politisch überlebte Gödecke 2005 die verheerende Schlappe der SPD, weil ihre neue Chefin Hannelore Kraft auf die erfahrene Fraktionsmanagerin setzte. Fünf Jahre später wurde sie Erste Vizepräsidentin.

Der neue Landtag, der sich am Donnerstag konstituiert, wird viel größer und teurer als der alte. 237 statt zuletzt 181 Abgeordnete müssen hier Platz finden. Gödecke kann sich eine behutsame Änderung des Wahlgesetzes vorstellen, das so viele Überhang- und Ausgleichsmandate produziert. Sie erinnert daran, dass erst 2005 die Wahlkreise vergrößert wurden, warnt vor wachsender Anonymität zwischen Abgeordneten und Wählern. „Wir müssen das Thema anpacken“, sagt sie, „ohne Hektik und mit externem Sachverstand.“

Laptops sollen tabu bleiben

Es ärgert sie, dass in NRW vor drei Wochen nur 59,6 Prozent ihr Wahlrecht genutzt haben, und wirbt dafür, dass auch der Landtag mehr gegen Politiker-Verdrossenheit tut. Ein fertiges Konzept hat sie, die „überzeugte Parlamentarierin“, noch nicht. Sie will darüber reden. Der Ansatz der rot-grünen Minderheitsregierung, den Kontakt über Fraktionsgrenzen hinweg zu vertiefen, könne durchaus stilbildend sein.

Laptops sollen dabei in Sitzungen tabu bleiben. „Der Plenarsaal lebt von Wort und Widerwort und ist kein Chatroom“, findet Gödecke, „wir machen hier Gesetze.“ Das hätten auch die Piraten zu akzeptieren.