Berlin. Wegen des Rechtsanspruchs auf einen Betreuungsplatz für Kleinkinder ab Mitte 2013 und fehlender Kita-Plätze rollt auf die Städte und Gemeinden womöglich eine riesige Klagewelle zu. Einem Medienbericht zufolge gehen Fachleute davon aus, dass die überwiegende Zahl der Klagen Erfolg haben wird.

Auf die deutschen Städte und Gemeinden dürfte eine Klagewelle zurollen, wenn ab Mitte 2013 für Kinder unter drei Jahren ein Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz besteht. Der Familienrechtler Thomas Meysen kommt in einem Gutachten für den Deutschen Städtetag zu dem Schluss, dass die meisten Klagen Erfolg haben werden, wie die Zeitung "Welt" vom Dienstag berichtete. Das Bundeskabinett berät am Mittwoch über den Kita-Ausbau.

"Die Klagewelle kommt, damit kann man fest rechnen", sagte Meysen, der Fachlicher Leiter am Deutschen Institut für Jugendhilfe und Familienrecht ist. Der Deutsche Städtetag hält Meysens Einschätzung für plausibel. "Es ist zu befürchten, dass es in einer Reihe von Städten zu Klagen von Eltern auf Schadenersatz kommt", sagte ein Sprecher der Zeitung.

Schwesig will Krippengipfel

Ab dem 1. August 2013 gilt ein "individueller Rechtsanspruch" auf einen Betreuungsplatz für Kinder unter drei Jahren. Das Bundesfamilienministerium rechnet im Bundesdurchschnitt damit, dass rund 39 Prozent aller Eltern einen Krippenplatz haben wollen. Das Bundesfamilienministerium spricht laut "Welt" von 130.000 Plätzen, die noch fehlen, um den Bedarf Mitte kommenden Jahres zu decken. Die kommunalen Spitzenverbände dagegen gehen von mehr als 200.000 fehlenden Betreuungsplätzen aus.

Die Bundesregierung wird sich auf ihrer Sitzung am Mittwoch mit dem Bericht von Familienministerin Kristina Schröder (CDU) zum Stand des Kita-Ausbaus befassen. Mit Blick auf den erwarteten Zehn-Punkte-Plan der Ministerin forderte die SPD-Vizevorsitzende Manuela Schwesig einen neuen "Krippengipfel". Bund, Länder und Kommunen müssten sich fünf Jahre nach dem ersten Gipfel erneut zusammensetzen, sagte sie dem "Hamburger Abendblatt" vom Dienstag.

Die Linke forderte eine "fundierte Datengrundlage" für den Kita-Ausbau. "Bis heute gibt es keine durch die Bundesregierung veranlasste realistische Bedarfsanalyse", erklärte die jugendpolitische Sprecherin Diana Golze.

"Das Betreuungsgeld ist eine milliardenschwere Beruhigungspille"

Die Diskussion um den Kita-Ausbau steht auch im Zusammenhang mit dem von der schwarz-gelben Koalition geplanten Betreuungsgeld. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) strebt Berichten zufolge eine stärkere Förderung des Kita-Ausbaus an, um den Kritikern des Betreuungsgeldes entgegenzukommen. Dieses soll für jene Kinder gezahlt werden, die nicht in eine Betreuungseinrichtung gebracht werden.

"Schröder hat aus purem Dilettantismus viele Hürden aufgebaut, an dem das Gesetz noch scheitern kann", erklärte SPD-Parlamentsgeschäftsführer Thomas Oppermann. Es sei weder geklärt, ob das Gesetz im Bundestag eine Mehrheit bekommt und ob es die Zustimmung des Bundesrates benötigt.

"Das Betreuungsgeld ist eine milliardenschwere Beruhigungspille, um vom gescheiterten Kita-Ausbau abzulenken", erklärte Grünen-Fraktionschefin Renate Künast. "Merkel will nicht mehr Zukunft für Kinder und Familien gestalten, sondern hat nur noch das Überleben der Koalition im Blick."(afp)