Moskau. Der Prozess gegen Michail Chodorkowski geht in die nächste Runde. Jetzt hat der Angeklagte beantragt, den ehemaligen Staatspräsidenten Wladimir Putin als Zeugen vorzuladen.
Im Prozess gegen den früheren russischen Öl-Magnaten Michail Chodorkowski hat der Angeklagte beantragt, den ehemaligen Staatspräsidenten Wladimir Putin als Zeugen vorzuladen. Zur Begründung sagte der Ex-Chef des mittlerweile zerschlagenen Yukos-Konzerns am Dienstag in Moskau, er habe Putin persönlich Berichte über die Einnahmen des Unternehmens übergeben. Chodorkowski ist der Veruntreuung von Erdöleinnahmen beschuldigt.
Unter den weiteren Zeugen, deren Vorladung der Angeklagte verlangte, ist Igor Setschin, der derzeitige Vize-Regierungschef. Er gilt als treibende Kraft hinter der Yukos-Affäre, in deren Verlauf der Kreml nicht nur seinen einflussreichsten Kritiker Chodorkowski hinter Gitter brachte, sondern sich außerdem noch die wertvollsten Bestandteile seines Konzerns aneignete.
Setschin arbeitete zur Zeit der Präsidentschaft Putins von 2000 bis 2008 vor allem hinter den Kulissen. Er widmete sich dem von ihm geleiteten Ölkonzern Rosneft und sorgte dafür, dass der russische Staat seine Kontrolle über das lukrative Ölgeschäft beständig ausweitete.
Forderung nach Einstellung des Prozesses abgelehnt
Im derzeitigen Verfahren werden Chodorkowski und seinem mitangeklagten Ex-Geschäftspartner Platon Lebedew vorgeworfen, Öl für umgerechnet etwa 20 Milliarden Euro beiseite geschafft und illegal weiterverkauft zu haben. Zu Beginn der öffentlichen Hauptverhandlung verlangte Chodorkowski erneut die Einstellung des Prozesses. Dies sei für das Land das beste Ergebnis und zudem juristisch gerechtfertigt. «Es gibt kein Geld mehr, das uns abgenommen werden kann», fügte der ehemalige Öl-Milliardär hinzu.
Chodorkowski zeigte sich resigniert. «Was mich persönlich angeht, ich habe das alles satt», sagte der hinter Panzerglas sitzende Angeklagte zu Beginn des Verfahrens. Die Anklageschrift sollte später verlesen werden.
Noch einmal 20 Jahre?
Der Kreml-Kritiker Chodorkowski sitzt bereits seit 2005 in einem sibirischen Straflager in Haft. Er war im Oktober 2003 festgenommen und im Mai 2005 wegen Finanzbetrugs und Steuerhinterziehung zu acht Jahren Haft verurteilt worden.
Beobachter vermuten hinter den juristischen Nachstellungen politische Beweggründe. Versuche der Verteidigung, das Verfahren wegen Mangels an Beweisen einstellen zu lassen, waren gescheitert. Bei einem Schuldspruch drohen Chodorkowski und Lebedew mehr als 20 Jahre zusätzliche Haft. afp