Düsseldorf. . Mit einem emotionalen Wahlkampf fuhr die Ministerpräsidentin einen klaren Sieg ein. Der steile Aufstieg der Mülheimerin setzt sich mit dem Wahlerfolg vom Sonntag fort. „Was für ein toller Abend!“, rief die Ministerpräsidentin am Sonntagabend ihren jubelnden Anhängern in Düsseldorf zu. Sie dankte den Wählern für das Vertrauen und versprach: „Wir werden unser Bestes geben. Es ist ein so tolles Gefühl: zum ersten Mal nach zwölf Jahren wieder vorne.“

„NRW im Herzen“ – der von Hannelore Kraft emotional geführte Wahlkampf mündete am Wahlabend in einen wahren Gefühlssturm. Große Erleichterung und ausgelassener Jubel erfüllte die Parteizentrale in Düsseldorf, als die ersten Hochrechnungen über die Bildschirme liefen. Hannelore Kraft wird auch die neue Ministerpräsidentin sein, und sie kann die rot-grüne Regierung mit einer komfortablen Mehrheit in die nächste Legislaturperiode führen. „Wir werden unser Bestes geben“, versprach sie.

Emotional war auch ihre erste Reaktion auf das Ergebnis: „Es ist ein tolles Gefühl“, sagte sie, dass die SPD erstmals seit zwölf Jahren wieder die stärkste Partei sei. „Wir haben das Richtige getan in diesem Turbo-Wahlkampf: Wir haben die Menschen in den Mittelpunkt gestellt.“ Und sie gab den Erfolg weiter, dankte allen Mitstreitern und Wahlkampfhelfern für ihren Einsatz in den letzten Wochen: „Ihr wart alle mit dem Herzen dabei.“

Krafts Aufstieg geht weiter

Der steile Aufstieg der Hannelore Kraft nimmt seine Fortsetzung – mit dem ersten „richtigen“ Wahlsieg in eigener Regie. Denn als Siegerin, das gestand Kraft im ­kleinen Kreis ein, fühlte sie sich trotz ihres Überraschungserfolgs vor zwei Jahren doch nicht ganz. Damals kam die SPD Kopf an Kopf mit der CDU ins Ziel. Erst nach ­langem Zögern ging die Mülhei­merin das Wagnis einer rot-grünen Minderheitsregierung ein, das ihr den Weg ins Amt des Ministerpräsi­denten freimachte.

Nach der Auflösung des Land­tages im März war Kraft, die in einem Monat 51 Jahre alt wird, zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Platz. Wieder einmal. Ein Phänomen, das sämtliche Stationen ihrer politischen Karriere markiert. Sie war stets bereit: 2001, als der damalige SPD-Regierungschef Wolfgang Clement kurzfristig eine Europa­ministerin brauchte. 2005, als eine tief erschütterte Landtagsfraktion nach dem Machtverlust der NRW-SPD aufgerichtet werden musste. 2007, als sich die Partei nach neuer Führung sehnte.

Den Bonus im Amt gut genutzt

Seit ihrem Einzug in die Düsseldorfer Staatskanzlei vor 21 Monaten hat Kraft die Zeit ­genutzt und den Bonus der Regierungschefin konsequent aus­gespielt. Als Talk-Dauergast bewegt sie sich routiniert in TV-Studios, hat sich im Land bekannt gemacht. Im Wahlkampf kam ihr das ­entgegen. „Ich bin gern nah bei den Bürgern“, sagt sie. Sie pflegt ihre Wirkung, geht auf Tuchfühlung. Auf große Bühnen verzichtete sie – wohl auch, weil Massen schwer zu mobilisieren sind.

„Sie regiert ohne Girlanden und Ornamente“, beschreibt Frank- Walter Steinmeier die schnörkel­lose Art der Parteifreundin. Neben SPD-Chef Sigmar Gabriel ist es der erste Mann der Bundestagsfraktion, mit dem Kraft sich eng abstimmt. Einen festen Kreis interner Polit- Berater versammelt die Diplom-Ökonomin dagegen nicht um sich. Doch in der SPD unterschätzt sie heute niemand mehr.

Kein Klischee-Karrieristen-Lebensweg

Dabei fällt sie aus dem üblichen Klischee politischer Karrieristen ­heraus. Die Tochter eines Straßenbahner-Ehepaars lässt sich in ihrer Partei weder als Linke noch als ­Konservative einsortieren. Ihre ­Karriere hat die Seiteneinsteigerin nicht in vertraulichen Zirkeln ­erdacht. Aber Kraft hat Ehrgeiz. Und steht in dem Ruf, Interessen knallhart durchsetzen zu können. Manche nennen sie launisch.

Ihr Amt hat sie etwas verändert. Kraft gibt sich neuerdings präsi­dialer. Wenn die CDU sie vor der Wahl als „Schuldenkönigin“ attackierte, sagte sie mit gespielter ­Empörung, NRW sei doch nicht Griechenland. Die landesmütter­liche Pose ist nicht die einzige Parallele zu Johannes Rau. Wie er kennt sie ihre Sympathiewerte unter den Anhängern konkurrierender Par­teien, würde in Versöhner-Manier manchmal am liebsten das ganze Land umarmen. Aber anders als Rau trennt sie zwischen Partei und Staat. SPD-Filz soll möglichst gar nicht erst erblühen.

„Können Sie auch Kanzler?“ – „Ich will nicht Kanzler!“ Kraft blockt die unvermeidliche Frage ­immer wieder ab. Sie hat sich auf NRW festgelegt, sogar bis 2017. Aber sie ahnt, dass die Debatte ­damit nicht beendet ist, denn mit ihrem Wahlsieg hat sie Macht und Ansehen in der SPD ausgebaut. „Ich mache Politik, die zu mir passt“, sagt Kraft, und das könne sie am besten in NRW. Aber damit muss über Berlin nicht das letzte Wort ­gesprochen sein.