Stuttgart. Lehrer haben einen deutlich härteren Job als viele annehmen. Das belegt eine aktuelle Studie. Jeder Vierte leidet unter Erschöpfung. Und Lehrer haben im Durchschnitt eine 51-Stunden-Woche.
Entgegen dem Klischee von der gut bezahlten Halbtagsarbeit ist der Lehrerberuf laut einer neuen Studie ein echter Knochenjob. Nach Angaben des Psychiaters Joachim Bauer vom Universitätsklinikum Freiburg haben Pädagogen im Durchschnitt eine 51-Stunden-Woche. Rund 30 Prozent der Lehrer seien massiv belastet. Etwa jeder vierte leide unter Erschöpfungszuständen, jeder fünfte an stressbedingten Gesundheitsstörungen wie depressiven Symptomen und Schlafproblemen, schreibt Bauer in der Fachzeitschrift «PiD - Psychotherapie im Dialog».
Damit gehörten Lehrer zu den am stärksten vom Burn-out-Syndrom betroffenen Berufsgruppen. Begünstigt werde die Erschöpfung von zwei Faktoren: Zum einen zeigten Lehrer eine hohe Bereitschaft, sich zu verausgaben - ohne jedoch dafür die nötige Anerkennung zu erhalten. Zum zweiten mangele es ihnen an eigenen Gestaltungsspielräumen zugleich aber sollten sie den hohen Erwartungen gerecht werden, die Schüler, Eltern und Politiker formulierten. Die Situation für Lehrer sei paradox: Sie sollten viel bewirken, dürften aber nur wenig entscheiden.
"Gewaltige Anforderungen"
«Die Anforderungen, die der Lehrerberuf stellt, sind bei näherer Betrachtung gewaltig», betont Bauer. Lehrer müssten nicht nur fachlich perfekt sein. Darüber hinaus sollten sie Kinder und Jugendliche mögen, wobei aber erwartet werde, dass sie ihre Schützlinge nicht nur empathisch behandelten, sondern zugleich auch energisch führen könnten - und dies möglichst ohne Frustrationen zu erzeugen. Zudem seien sie neuerdings einem hohen Maß an verbaler und körperlicher Aggressivität von Schülern ausgesetzt.
Vor allem jene Lehrer, die sich mit dem Beruf überidentifizierten und sich stark verausgabten, seien am häufigsten von Erschöpfungszuständen geplagt. Laut Bauer geht einem Burn-out meist ein «akutes Kränkungsereignis» voraus wie etwa ein schwerer Lehrer-Schüler- oder Lehrer-Eltern-Konflikt. Die Probleme werden nach Erkenntnissen des Wissenschaftlers oft schon im Referendariat akut: Bereits in dieser Phase der Ausbildung stellten viele Pädagogen fest, dass sie nicht ausreichend auf den Beruf vorbereitet worden seien, und entwickelten erste stressbedingte Gesundheitsbeschwerden. (ap)