München. 2500 Fans hatten sich zur Facebook-Party von CSU-Chef Horst Seehofer angemeldet - doch der befürchtete Ansturm auf die Münchner Nobeldisko P1 blieb aus. Um 22 Uhr wurden 600 Gäste gezählt, am Ende waren es laut Seehofer rund 1250. Er zeigte sich zufrieden. “Es lohnt sich um diese Leute zu kämpfen.“
Kein Chaos, keine Menschenmassen, kein Horst Seehofer: So hatten sich die wenigsten den Startschuss zur ersten Facebook-Sause eines deutschen Spitzenpolitikers vorgestellt. Am Dienstag tummelten sich nur wenige Gäste vor Münchens Nobeldiskothek P1. So wenige, dass der offizielle Einlass zur Party des bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Chefs gar von 19 Uhr auf 20 Uhr verschoben wurde. Dabei hatten sich im sozialen Netzwerk mehr als 2.500 Seehofer-"Fans" angemeldet.
Gegen 21 Uhr trudelte der Star des Abends ein, wie versprochen ohne Krawatte. In lockerer Atmosphäre wolle Seehofer auf der Party mit seinen Online-Anhängern reden, ohne Reden zu schwingen, hatte er bereits am Nachmittag angekündigt. Eingekeilt in eine Presse-Traube schüttelte der Ministerpräsident die Hände seiner "Fans".
60 Sicherheits- und 150 Presseleute
Doch das Bild bestimmten rund 60 Sicherheits- und 150 Presseleute. Bis 22 Uhr fanden sich etwa 600 Gäste ein. "Wir haben mit deutlich mehr Andrang gerechnet", sagte ein Security-Mitarbeiter. So voll wie erwartet, werde es wahrscheinlich nicht. Bei dem schönen Wetter seien wohl einige in den Biergärten geblieben. In der Nacht bilanzierte Horst Seehofer, 50 Prozent der rund 2.500 angemeldeten Gäste seien da gewesen - "da hab ich ein richtiges Wohlgefühl", sagte er. Denn eine gewisse "Unsicherheit und Spannung" hinsichtlich des Andrangs und der Sicherheit der Fete sei schon da gewesen. Insgesamt habe er gute Gespräche mit den Gästen geführt. "Es lohnt sich um diese Leute zu kämpfen", betonte Seehofer.
An den prominenten CSU-Politikern ist der Party-Wirbel aber offenbar vorbeigegangen. Die wenigsten aus Seehofers Kabinett wollten ihren Chef überhaupt im P1 beehren. Abgesagt hatten etwa Innenminister Joachim Herrmann, Finanzminister Markus Söder, Fraktionschef Georg Schmid, Umweltminister Marcel Huber und Familienministerin Christine Haderthauer. Die kollektive Begründung: anderweitige Verpflichtungen.
Seehofer wird auf der Party zum Pirat - jedenfalls fast
Die Piraten waren zahlreich vertreten. Sie waren unter den ersten Gästen, um sich von der "angeblichen Internetkompetenz der CSU" zu überzeugen. Gesagt, getan: Landesvorsitzender Stefan Körner überreichte Seehofer als Beweis für die neue Internetpräsenz der CSU einen Ausweis mit der Nummer 1337. "Ich habe jetzt auch einen Mitgliedsausweis der Piratenpartei", sagte Seehofer, ohne das Papier unterschrieben zu haben. Der CSU bleibe er treu. "Aber aufheben tue ich die schon". Man wisse ja schließlich nie, wen man in zehn Jahren als Koalitionspartner brauche, hieß es. Im Gegenzug bat Seehofer den bayerischen Piratenchef auf die Bühne und lud ihn zum politischen Aschermittwoch 2013 in Passau ein.
Dagegen sagte SPD-Fraktionsvorsitzender Markus Rinderspacher vor der Sause, er halte Seehofers Party für ein "klassisches Eigentor". Alle 10 bis 15 Sekunden werde der CSU-Chef mit einem hämischen Kommentar auf seiner Facebook-Seite abgestraft. "Die Idee hätte auch von der Opposition kommen können", schmunzelte Rinderspacher. Denn mit dieser "künstlichen, aufgesetzten Veranstaltung" habe sich Seehofer bei jungen wie alten Wählern von selbst ins Abseits manövriert.
Seehofers "Fans" haben hohe Erwartungen
Seehofers Online-Anhänger dagegen kamen mit hohen Erwartungen zur Disco. Die aktive Facebook-Nutzerin und "Seehofer-Begeisterte", Ruth Megary, erhoffte sich einen aufregenden Abend. Sie finde die Bürgernähe des Ministerpräsidenten ganz toll. Die 89-Jährige kritisierte den Vorwurf, Seehofer verkaufe ein modernes Image, das nicht zu ihm und zur CSU passe: "Du kommst doch heute nicht drum rum, wir sind doch alle vernetzt." Und das P1 kenne sie aus früheren Zeiten. Schon damals sei sie immer als Letzte nach Hause gegangen.
Ein CSU-Mitglied aus Kempten in Schwaben etwa machte wegen der Party extra früher Feierabend. "Wann hat man schon die Gelegenheit, mit dem Ministerpräsidenten zu sprechen?", sagte der junge Mann. Die Party sei ein Highlight und der erste Schritt, um näher am Menschen und als Partei kompetenter im Umgang mit dem Internet zu sein.
Steuergelder in Freibier gut angelegt
Eine Münchnerin dagegen wollte den CSU-Chef gar nicht persönlich kennenlernen. Sie wolle nur mit ihren Freunden Spaß haben. "Unsere Steuergelder müssen gut angelegt sein. Ich denke, in Freibier ist es gut angelegt", sagte sie. Die CSU hatte ihren Gästen nämlich nicht nur freien Eintritt in die Disco, sondern auch ein Freigetränk versprochen - "alles, außer Cocktails und hartem Alkohol", hieß es.
Enttäuscht war Seehofer nicht, dass weniger Gäste kamen als erwartet. Es sei "doch schön", dass die Party "normal" verlaufe, sagte er gelassen. Zudem sorgte der Haus-DJ des P1 für gute Stimmung in der Nobeldisco. Musikwünsche habe Seehofer zwar nicht geäußert, sagt der Musikexperte. Den CSU-Chef begrüßte er aber mit einem Techno-Mix. Der Refrain traf schlicht und einfach das Thema des Abends: "Uhuhuhu, Horst Seehofer". (dapd)