Athen. . Die Griechen haben gewählt - und stehen jetztvor den Trümmern ihres politischen Systems. In den Ruinen beginnt politisches Unkraut zu sprießen. Bereits nach wenigen Stunden ist der erste Anlauf zur Regierungsbildung gescheitert.

Die Griechen haben gewählt. Jetzt stehen sie vor den Trümmern ihres politischen Systems. Und in den Ruinen beginnt politisches Unkraut zu sprießen: die ultra-nationalistischen „Unabhängigen Griechen“ kamen mit 33 Abgeordneten ebenso ins Parlament wie die neofaschistische „Goldene Morgenröte“ mit 21 Mandaten. Ältere Griechen erinnern sich noch aus der Zeit der deutschen Besatzung an den Hitlergruß. Jetzt werden sie ihn wohl im Parlament sehen. Am brutalsten traf die Wut der Wähler die Panhellenische Sozialistische Bewegung (Pasok), die das Land vom Oktober 2009 bis zum November 2011 allein regierte. Sie stürzte von 44 auf 13 Prozent ab. Kaum besser erging es der konservativen Nea Dimokratia (ND). Sie wurde zwar stärkste Partei – aber mit nur 19 Prozent.

Der Sieger des Wahlabends heißt Alexis Tsipras. Der 36-Jährige führt das „Bündnis der radikalen Linken“ (Syriza), das seine Wählerzahl vervierfachte und mit fast 17 Prozent zweitstärkste Partei wurde. Tsipras‘ politische Aussagen sind widersprüchlich: Er möchte an Griechenlands Mitgliedschaft in der Währungsunion und der EU festhalten – aber den Schuldendienst einseitig einstellen und die Verträge über die Hilfskredite aufkündigen. Wie sich das vereinbaren lässt, verrät er nicht. Aber damit hadern viele Griechen: Acht von Zehn lehnen den Sparkurs ab, fast ebenso viele wollen den Euro behalten. Nach dieser Wahl jedoch ist Griechenlands Zukunft in der Währungsunion unklarer denn je.

Konservativen-Chef Samaras gab den Auftrag zur Regierungsbildung zurück

Am Montag erteilte Staatspräsident Papoulias dem ND-Chef Samaras als Vorsitzendem der stärksten Partei den Auftrag, eine Regierungsbildung zu sondieren. Aber bereits nach wenigen Stunden gab er den Auftrag Papoulias zurück. „Wir haben alles versucht, aber es war unmöglich“, sagte Samaras. Damit ist der erste Anlauf zur Regierungsbildung gescheitert. Laut Verfassung hätte Samaras drei Tage Zeit gehabt, die Regierungsbildung vorzubereiten. Der Präsident wird das Mandat jetzt Alexis Tsipras als Führer der zweitgrößten Parlamentspartei übertragen.

Er will sich um die Bildung einer Links-Koalition bemühen. Tsipras versuchte bereits vor der Wahl Aleka Papariga zu ködern, die Chefin der stalinistischen Kommunistischen Partei, die das Parlament abschaffen und die Diktatur des Proletariats ausrufen will: Tsipras bot ihr den Posten der Ministerpräsidentin an. Papariga lehnte dankend ab. Sie will keine Regierung sondern eine Revolution.

Aber der radikale Linke Tsipras lässt sich davon nicht entmutigen. Er setzt auf den Druck der Straße: Wenn es im Plenarsaal nicht für eine Mehrheit reicht, will er eine halbe Million Anhänger vor dem Parlament aufmarschieren lassen. „Dann werden wir ja sehen, ob wir das Vertrauensvotum gewinnen“, frohlockt Tsipras.