Kiel. Eine dänische Minderheit namens SSW spielt eine entscheidende Rolle im neugewählten Kieler Landtag. Der “Südschleswigsche Wählerverband“ könnte den SPD-Kandidaten Torsten Albig zum Ministerpräsidenten wählen. Es wäre die erste Regierungsbeteiligung für die Dänen in Schleswig-Holstein.

Er braucht dafür ein
bisschen Glück. Aber Torsten Albig, bisher Kiels sozialdemokratischer
Oberbürgermeister,  wagt die
„Dänen-Ampel“.
Der SPD-Spitzenkandidat in Schleswig-Holstein will das Nord-Land
mit nur einem Mandat Mehrheit regieren.

Es wäre eine Premiere: Ein
Abgeordneter der dänischen Minderheit könnte zum ersten Mal Minister werden.

In der Nacht zum Montag, als in
der CDU, die knapp stärkste Kraft geworden ist, noch Hoffnung auf eine große
Koalition unter ihrer Führung keimte, haben Sozialdemokraten, Grüne und der
Südschleswigsche Wählerverband SSW das Experiment im Grundsatz verabredet. Sie
nennen es - politisch korrekt -  „Schleswig-Holstein-Ampel“. „Die Zahlen geben
es her“, glaubt Albig, den eine bockige SPD unter ihrem linken Chef Ralf
Stegner drängt, den Politikwechsel  ohne
die CDU zu gestalten. „Ich bin überzeugt, diesmal klappt es“, sagte auch der
SSW-Politiker Lars Harms.

Wer ist der Südschleswigsche Wählerverband?

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Wer ist der SSW? Zunächst: Keine
Partei nach bundesdeutschen Maßstäben. Er wurde auf Anordnung der britischen
Besatzung eingerichtet, die im Nachkriegsdeutschland die Vertretung der
Interessen der dänischen Minderheit sichern wollte. Der SSW braucht keinen
fünfprozentigen  Stimmenanteil, um in den
Landtag einzuziehen, was CSU-Altvater Franz-Josef Strauß schon ärgerte („Sollen
Dänen Deutschland regieren?“). Der Verband stellt eigene Kandidaten nur im äußersten Norden um Flensburg auf, im so
genannten Südschleswig. In Flensburg stellt er mit Simon Faber den
Oberbürgermeister.

Die Rolle des „Züngleins an
der Waage“ hat der SSW nicht zum ersten Mal. Unter dem legendären Parteiführer
Karl Otto Meyer bewirkte er, dass 1987, unmittelbar nach dem Auffliegen der
Barschel-Affäre, keine CDU-FDP-Regierung zustande kam. Es gab Neuwahlen. Björn
Engholm (SPD) konnte übernehmen.

Vorläufiges amtliches Endergebnis:

ParteiStimmen in ProzentGewinne/VerlusteMandate
CDU30,8-0,722
SPD30,4+5,022
Grüne13,2+0,810
FDP8,2-6,76
Piraten8,3+6,46
SSW4,6+0,33
Linke2,2-3,80

(Der Südschleswigsche Wählerverband SSW, die Partei der dänischen Minderheit, ist von der Fünf-Prozent-Regelung befreit)

Das Gesicht des SSW: Anke Spoorendonk

2005 gab es zum zweiten Mal Schlagzeilen: Die Abgeordneten
der dänischen Minderheit wollten der rot-grünen Koalition unter
Ministerpräsidentin Simonis ins Amt helfen. Das scheiterte an einem bis heute
unbekannten Sozialdemokraten („Heide-Mörder“), der der verabredeten Mehrheit die
Stimme auch im vierten Wahlgang  verweigerte.

Piratenpartei setzt auf neue Schubkraft für NRW-Wahl

Der neue Chef der Piratenpartei, Bernd Schlömer, erhofft sich vom Erfolg in Schleswig-Holstein "Schubkraft für die NRW-Wahl". Schlömer sagte der WAZ-Mediengruppe, "es wäre schön, wenn das Wahlergebnis zwischen 6,5 und 8,5 Prozent liegen würde." Bisher peilen die "Piraten" im größten Bundesland 6,5 Prozent an. In Schleswig-Holstein habe sich gezeigt, dass seine Partei auch ein Flächenland für sich gewinnen könne, so Schlömer. Eine Regierungsbeteiligung schloss er ausdrücklich nicht aus. "Die Piraten in NRW sind durchaus in der Lage, Verantwortung zu übernehmen. Aber das ist eine Entscheidung des Landesverbands", versicherte Schlömer

Das Gesicht des Verbandes ist heute die
64-jährige Anke Spoorendonk
, eine von vier SSW-Abeordneten im neuen Landtag.
Sie radelte im Wahlkampf quer durch Schleswig, machte aber auch Stimmung für
ihr „Naturprodukt ohne Berliner Zusätze“ im südlicheren Holstein. Ihre
Zuneigung der SPD, die es immer gab, hat 2012 besonders handfeste Gründe: Die
abgewählte schwarz-gelbe Regierung hat dem SSW gerade erst Gelder für die
hochangesehenen dänischen Schulen gekürzt, was selbst in Kopenhagen zu Unmut
führte.

Beim Protest dagegen brachte Spoorendonk 10
000 der rund 50 000 „Dänen“ auf die Flensburger Straßen, die in Deutschland
leben. Schön für Albig: Die Truppe hat Disziplin.