Kiel. Bei der Landtagswahl in Schleswig-Holstein zeichnet sich keine klare Mehrheit ab: SPD und CDU liefern sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen, Grüne und Piraten erfolgreich, Linke fliegt aus dem Landtag und die FDP ist überraschend deutlich drin.
Die Landtagswahl in Schleswig-Holstein entscheidet sich in einem Kopf-an-Kopf-Rennen. Nach den Prognosen von ARD und ZDF vom Sonntagabend lagen SPD und CDU fast gleichauf. Die FDP brach ihre Serie von Wahlniederlagen und übersprang deutlich die Fünf-Prozent-Hürde. Die Linke erreicht nur 2,4 Prozent der Stimmen (-3,4 ) und muss nach nur zweieinhalb Jahren aus dem Parlament ausscheiden. Die Piratenpartei setzte den Prognosen zufolge ihren Siegeszug fort und zog erstmals ins Kieler Parlament ein. Es ist der dritte Landtag mit einer Piratenfraktion.
Hochrechnung von 18.44 Uhr (Prozent der Stimmen, Gewinne/Verluste/ Mandate im Parlament)
CDU | 30,6 | -0,9 | 22 Sitze |
SPD | 29,9 | +4,5 | 22 |
Grüne | 13,6 | +1,2 | 10 |
FDP | 8,3 | -6,6 | 6 |
Piraten | 8,1 | +6,3 | 6 |
SSW | 4,5 | +0,2 | 3 |
Der Südschleswigsche Wählerverband SSW, die Partei der dänischen Minderheit, ist von der Fünf-Prozent-Regelung befreit.
SSW will erstmals mit in die Regierung
Bei der jüngsten Landtagswahl 2009 hatte die CDU mit 31,5 Prozent der Stimmen klar gewonnen. Die SPD kam damals auf 25,4, die FDP auf 14,9 und die Grünen auf 12,4 Prozent. Die Linke errang 6 Prozent, der SSW 4,3, die Piraten erreichten damals 1,8 Prozent.
Die vorzeitige Neuwahl war nach einem Urteil des Landesverfassungsgerichts notwendig geworden. Die Richter hatten im August 2010 das Landeswahlgesetz für verfassungswidrig erklärt, weil es eine ungleiche Stimmengewichtung ermöglicht und eine deutliche Überschreitung der in der Verfassung festgeschriebenen Höchstzahl von 69 Mandaten erlaubt.
Im Wahlkampf hatten CDU und SPD stets fast gleichauf gelegen. Für die CDU geht der derzeitige Wirtschaftsminister Jost de Jager ins Rennen um das Ministerpräsidentenamt. Der 65 Jahre alte Amtsinhaber Peter Harry Carstensen (CDU) war aus Altersgründen nicht wieder angetreten.
SPD-Spitzenmann Torsten Albig, der Kieler Oberbürgermeister, will die schwarz-gelbe Koalition ablösen. Er möchte, wenn möglich, ein Bündnis mit den Grünen schmieden, notfalls erweitert um den SSW. Die Partei der dänischen Minderheit hat erstmals ihre Bereitschaft zum förmlichen Eintritt in eine Regierung signalisiert. Die CDU war ohne Koalitionsaussage zur Wahl angetreten.
Der Spitzenkandidat der SPD in Schleswig-Holstein, Torsten Albig, hat mit Ernüchterung auf den Wahlausgang reagiert. "Das war nicht das, was ich euch versprochen habe", sagte Albig am Sonntagabend in Kiel. Nach ersten Hochrechnungen lag die CDU knapp vor der SPD.
Ein Politikwechsel sei aber noch erreichbar, sagte Albig weiter. Klar sei, dass Schwarz-Gelb abgewählt sei. Das Land werde eine Regierung mit einer starken SPD erleben, die dafür sorgen werde, dass es im Land gerechter und sozialer zugehen werde.
FDP feiert politische Wiederauferstehung
FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle hat das überraschend gute Abschneiden der Liberalen bei der Wahl in Schleswig-Holstein als "Trendwende" gewertet. Das Ergebnis zeige, dass die FDP erfolgreich sein könne, wenn sie sich auf die wichtigen Themen konzentriere, sagte er am Sonntag der ARD. "Jetzt spucken wir in die Hände, um in Nordrhein-Westfalen dasselbe zu erreichen", fügte er hinzu. In Düsseldorf wird am nächsten Sonntag ebenfalls in neuer Landtag gewählt.
Der Spitzenkandidat der Landes-FDP, Wolfgang Kubicki, wertete das Abschneiden der Liberalen als einen "unglaublichen Erfolg". Er sei stolz auf das Resultat, insbesondere wegen der im Vorfeld vielfach geäußerten Skepsis zu den Wahlaussichten der FDP. Das Ergebnis zeige auch, wer nicht aufgebe, könne viel bewegen.
Die Wahlbeteiligung hatte 2000 bei 69,5 Prozent gelegen, 2005 bei 66,5 und 2009 bei 73,6 Prozent - vor drei Jahren war am gleichen Tag die Bundestagswahl. (dapd)