Berlin. . „Danke, emanzipiert sind wir selber!“ heißt das neue Buch von Familienministerin Kristina Schröder (CDU). Die Schrift gegen Rollenbilder lässt viele naheliegenden Themengebiete offen. Über zwei Drittel ihres Werks widmet sie dem Kampf gegen den Feminismus.
Sie hat geschwiegen zum jüngsten Koalitionskrach um das Betreuungsgeld. Sie hat die Achseln gezuckt zur Absage der FDP an die Frauenquote. Und ihr Buch, das am Montag erscheint, will „kein Buch über Politik“ sein. Kristina Schröder bleibt sich treu: Sie tritt keine Türen ein, sie klopft nicht mal besonders laut an, sondern redet lieber über schöne Dinge wie Wahlfreiheit, Partnerschaft und Freiwilligkeit. Kampfansagen klingen anders. Und so tut ihr Buch auch nur denjenigen weh, die sich eine streitbarere Ministerin wünschen.
Kristina Schröder verwaltet ihr Ressort geflissentlich. Leidenschaft entwickelt die zutiefst liberal denkende 34-Jährige oft erst dann, wenn es gegen Extremisten aller Art geht. Dazu rechnet Schröder auch die „Rollenleitbildfanatiker“ des politischen Feminismus. Sie ist Sozialwissenschaftlerin, sie schreibt nicht einfach „Emanzen sind doof“. Aber sie widmet zwei Drittel ihres Buches der Abrechnung mit dem Feminismus im Allgemeinen – und mit Alice Schwarzer im Besonderen.
Vorbild, ob sie will oder nicht
„Wir müssen unser Land für die Frauen verändern“ – so klingt es, wenn Schröders kämpferische Vorgängerin Ursula von der Leyen Bücher schreibt. Fünf Jahre ist das her. Schröders Buch, das sie zusammen mit ihrer Mitarbeiterin Caroline Waldeck geschrieben hat, heißt: „Danke, emanzipiert sind wir selber!“ (Piper Verlag). Es soll eine Streitschrift sein, gegen das angebliche „Diktat der Rollenbilder“. Der Titel klingt nicht nur pampig, er ist auch so gemeint.
Im WAZ-Interview hatte Schröder gesagt, sie habe das Buch geschrieben, weil sie genervt sei. Aber was nervt denn so furchtbar? Sicher, Schröder hat als erste Ministerin mit Baby im Amt einiges aushalten müssen. Mehr jedenfalls als die jungen Väter am Kabinettstisch. In ihrem Buch beklagt sie das – aber als Familienministerin musste sie damit rechnen. Sie spielt eine Vorbildrolle, ob sie es will oder nicht.
Die genervte Ministerin behauptet nun, es seien vor allem die feministischen Hardliner, aber auch die konservativen Mutterschaftsideologen, die heutigen Frauen auf Dauer das Leben schwer machten. Aber stimmt das? Nerven nicht viel mehr Lohn- und Rentenunterschiede, zu wenig und zu schlechte Kinderbetreuung, die absurde Konkurrenz um Schulnoten und die familienfeindliche Arbeitswelt? Und was ist mit der Unterhaltungsindustrie, die jungen Mädchen nach wie vor weismacht, dass Erfolg eine Frage des Körpers und keine des Verstandes ist? Schröder streitet wortreich gegen das angebliche Diktat feministischer und erzkonservativer Rollenleitbilder, aber lässt außer Acht, dass die wirklich massenwirksamen Leitbilder für junge Frauen aus ganz anderen Ecken kommen. Von Geschmacksdespoten wie Heidi Klum zum Beispiel und einer Leistungs- und Konsumkultur, in der Frauen glauben, alles in ihrem Leben perfekt machen zu müssen.
Taktik gegen Schwarzer
Schröders Buch, in dem sie dem Feminismus bescheinigt, er sei „eine Bewegung, die ihren Zenit überschritten hat“, ist die lange Antwort auf den kurzen, aber heftigen Disput, den Schröder 2010 mit Alice Schwarzer hatte. „Ich halte sie für einen hoffnungslosen Fall. Schlicht ungeeignet“, hatte Schwarzer damals geschrieben. Wenige Wochen vor Erscheinen ihres Buches hat Schröder nun überraschend Alice Schwarzer einen Gefallen getan und ihren Kölner FrauenMediaTurm gerettet. Taktisch ist das kaum zu überbieten: Das Ministerium überweist Geld, die Ministerin dagegen schreibt sich ihren Ärger von der Seele. Bleibt nur die Frage, ob es im Jahr 2012 nicht wichtigere Themen für eine Familienministerin gibt als über „feministische Attacken“ zu klagen.