Beirut. In Syrien wird ein baldiger Waffenstillstand immer unwahrscheinlicher. Die Assad-Regierung stellt für einen Truppenabzug immer neue Bedingungen. Außerdem lehnt die Opposition schriftliche Garantien ab.

Die Hoffnung auf eine Umsetzung des Friedensplans für Syrien hat am Sonntag einen heftigen Dämpfer erfahren. Das syrische Außenministerium stellte eine neue Bedingung und verlangte vor dem vereinbarten Abzug der Regierungstruppen aus den Städten eine schriftliche Garantie der Oppositionsgruppen, dass auch sie die Kampfhandlungen einstellen würden. Der Kommandeur der Freien Syrischen Armee, einem Zusammenschluss von übergelaufenen Soldaten, lehnte dies ab.

Assad hatte am 25. März dem Friedensplan des Sondergesandten der Arabischen Liga und der UN, Kofi Annan, zugestimmt, der einen Truppenabzug bis Dienstag und eine Waffenruhe bis Donnerstagmorgen vorsieht. Der UN-Sicherheitsrat sprach dem Plan am vergangenen Donnerstag seine Unterstützung aus und schloss auch "weitere Schritte" nicht mehr aus, sollte er nicht umgesetzt werden.

Seine Organisation erkenne das Regime von Präsident Baschar Assad nicht an, und deshalb werde sie keine Garantien abgeben, erklärte Rebellenführer Riad al Assaad. Der Nachrichtenagentur AP sagte er telefonisch aus der Türkei, sollte sich das Regime an den Sechs-Punkte-Plan Annans halten, werde seine Organisation die Waffen schweigen lassen. Die Regierung solle ihre Truppen in die Kasernen zurückziehen und die Kontrollposten entfernen, forderte er.

Annan verurteilt Anstieg der Gewalt

Annan rief die syrische Regierung in einer am Sonntag veröffentlichten Erklärung auf, den vereinbarten Waffenstillstand vollständig umzusetzen. Er verurteilte außerdem "den Anstieg der Gewalt und der Gräueltaten". Die anhaltenden Kämpfe seien Ursache für erschreckend viele Opfer, Flüchtlinge und Vertriebene, teilte Annan mit. Das müsse aufhören.

Der Sprecher des syrischen Außenministeriums, Dschihad Makdessi, bezeichnete am Sonntag Berichte, wonach das Regime bis Dienstag seine Truppen abziehen werde, als falsch. Annan habe bisher die schriftlichen Garantien der "bewaffneten Terroristengruppen" zum Verzicht auf Gewalt und zur Niederlegung ihrer Waffen nicht geliefert, sagte er.

Regierung fürchtet Einnahme von Gebieten durch "Terroristen"

Syrien werde nicht erlauben, dass dasselbe geschehe wie bei der Beobachtermission der Arabischen Liga im Januar, sagte Makdessi. Damals hätten sich die Streitkräfte aus den Städten zurückgezogen und daraufhin hätten die "Terroristen" diese Gegenden eingenommen.

Der in Damaskus ansässige Oppositionelle Maath al Schami sagte, ihn überrasche die Haltung der syrischen Regierung nicht. "Wann immer das Regime seine Truppen und seine Panzer zurückzieht, wird das Volk nach Damaskus marschieren und das Regime stürzen. Offen gesagt, das Regime bricht zusammen, wenn die Kontrollposten abgebaut werden", sagte er.

Landesweit über 100 Menschen getötet

Der Waffenstillstand sollte den Weg zu Verhandlungen zwischen der syrischen Regierung und der Opposition ebnen, um die seit einem Jahr anhaltende Krise beizulegen. Bislang sind seit Beginn der Proteste in Syrien vor 13 Monaten nach UN-Schätzungen mehr als 9.000 Menschen ums Leben gekommen. Allein am Samstag wurden bei Aktionen der Streitkräfte Aktivisten zufolge landesweit über 100 Menschen getötet.

Auch am Sonntag griffen syrische Regierungstruppen nach Angaben von Aktivisten wieder aufständische Regionen im Norden und der Mitte des Landes an, unter anderem mehrere Viertel der Stadt Homs. Die Örtlichen Koordinationskomitees sprachen von 40 Toten, darunter sechs Kinder. In Homs seien sieben Menschen getötet worden. In der Provinz Hama habe es zwölf Opfer gegeben, darunter sieben Mitglieder einer Familie.

Westerwelle beharrt auf Termin 10. April

Das in London ansässige Syrische Observatorium für Menschenrechte bezifferte die Getöteten auf mindestens 21 Zivilpersonen, sieben Rebellen und zwölf Soldaten.

Das Auswärtige Amt in Berlin erklärte, die jüngsten Berichte über viele Tote und neue Angriffe der syrischen Sicherheitskräfte gegen die eigene Bevölkerung bestätigten aus Sicht von Außenminister Guido Westerwelle, wie drängend ein geschlossenes Auftreten der internationalen Gemeinschaft gegenüber dem Assad-Regime und für Annans Sechs-Punkte-Plan sei.

"Wir brauchen ein Ende der Gewalt - spätestens am 10. April. Humanitärer Zugang zu den Menschen in Syrien muss ermöglicht werden. Das muss glaubwürdig von der internationalen Gemeinschaft verifiziert werden können." (dapd)