Düsseldorf. . Norbert Röttgen will als Spitzenkandidat der CDU in den Wahlkampf in NRW ziehen - seinen Posten als Bundesumweltminister will er aber solange behalten. Die Kritik an Röttgens Doppelgleisigkeit wächst - auch in den eigenen Reihen.

Bundesumweltminister Norbert Röttgen will sich nicht unter Druck setzen lassen: Ungeachtet aller Forderungen will sich der CDU-Spitzenkandidat für die nordrhein-westfälische Landtagswahl weiterhin nicht auf einen endgültigen Wechsel nach Düsseldorf festlegen. „Ich trete nicht an, um Oppositionsführer zu werden. Ich kämpfe um den Posten des Ministerpräsidenten. Alles Weitere werden wir nach der Wahl gemeinsam entscheiden“, sagte er der „Bild am Sonntag“. Seinen Ministerposten will Röttgen in jedem Fall bis zur Wahl behalten.

Der Umweltminister muss sich scharfe Kritik dafür gefallen lassen, dass er sich bislang nicht klar dazu bekannt hat, im Falle einer Niederlage bei der Landtagswahl am 13. Mai Oppositionsführer im Düsseldorfer Landtag zu werden.

CSU-Chef Horst Seehofer hatte gefordert, Röttgen müsse „ohne Rückfahrkarte“ in den Wahlkampf ziehen. Nun legte er nach: „Er kann als Umweltminister natürlich ohne Probleme Wahlkampf führen. Er sollte sich allerdings bald entscheiden, ob er sich der Sache NRW verschreibt“, forderte der bayerische Ministerpräsident in der „Welt am Sonntag“.

Kritik auch von der Opposition

Auch SPD-Bundesparteichef Sigmar Gabriel kritisierte Röttgen für dessen ausbleibende Festlegung auf einen Wechsel nach Nordrhein-Westfalen. Der CDU-Politiker habe „offenbar Angst, sich zu Nordrhein-Westfalen zu bekennen“, sagte Gabriel am Samstag am Rande des Thüringer SPD-Landesparteitages in Erfurt. Röttgen wolle sich offenbar eine Rückkehr nach Berlin offenhalten.

Wie der „Focus“ berichtete, soll CDU-Bundesschatzmeister Helmut Linssen im NRW-Landesvorstand massive Zweifel an Röttgens Strategie angemeldet haben. „Norbert Blüm wurde damals immer als Kandidat auf der Durchreise diffamiert. Das soll uns nicht noch einmal passieren“, sagte er dem Bericht zufolge. Der frühere Bundesarbeitsminister Blüm hatte der CDU nie die Macht am Rhein sichern können. Nach einem Bericht der „Bild“-Zeitung drängen weite Teile der CDU-Führung den Bundesumweltminister dazu, schnell klarzustellen, dass er sein Amt bei einer möglichen Niederlage niederlegen und als Oppositionsführer in Düsseldorf bleiben wird.

Rückendeckung für Röttgen

Röttgen betonte hingegen, es sei die Erwartung, „dass ich die CDU hier in Nordrhein-Westfalen in die Regierung führe und Ministerpräsident werde. Das ist unser Ziel“. Dass Regierungsmitglieder Wahlkämpfe machten, „ist in unserer Parteiendemokratie der Normalfall“, fügte der Minister hinzu.

Rückendeckung erhielt Röttgen vom CDU-Gesundheitspolitiker Jens Spahn. „Die CSU verbittet sich jedwede Einmischung in interne Fragen. Das gilt umgekehrt mindestens genauso“, sagte Spahn mit Blick auf Seehofers Äußerung dem Nachrichtenmagazin „Focus“.

Der Generalsekretär der CDU in Nordrhein-Westfalen, Oliver Wittke, wandte sich gegen pessimistische Prognosen: Wenn fünf Parteien ins Parlament kämen und die CDU nur drei Prozentpunkte vor der SPD liege, könne sich die Union „aussuchen“, ob sie mit der SPD oder Grünen koaliere.

Röttgen setzt im Wahlkampf auf Schuldenabbau

Auf einem Festakt zum 60-jährigen Bestehen des Evangelischen Arbeitskreises (EAK) der CDU/CSU am Samstag in Siegen kündigte Röttgen an, er wolle eine „geistige und politische Auseinandersetzung“ zum Thema Schulden mit seinen „Wettbewerbern“ führen. Die „ökonomisch verfehlte Finanzschulden-Lehre“ müsse beendet werden. Es gehöre zu den Grundlagen „verantwortungsvollen Wirtschaftens und Haushaltens“, dass nicht die „Erfolgsmöglichkeiten der nächsten Generation“ aufs Spiel gesetzt würden.

FDP-Parteichef Philipp Rösler sagte, er wolle der Union in Sachen Röttgen keinen Rat geben, „das müssen sie untereinander ausmachen“. Aber die Entscheidung der FDP sei „absolut richtig“. Seine Partei habe sich in NRW für den Spitzenkandidaten Christian Lindner statt für Gesundheitsminister Daniel Bahr entschieden, weil man „nicht nur einen Kandidaten für die nächsten 60 Tage“ habe finden wollen, sagte Rösler der „Saarbrücker Zeitung“. „Man sieht ja an den aktuellen Diskussionen in der Union, dass sich ein Spitzenkandidat schon die Fragen stellen lassen muss: Meinst du es ernst, willst du hierbleiben oder gehst du danach wieder nach Berlin?“ (dapd)