Essen. Die Neuwahlen in Düsseldorf bescheren der schwarz-gelben Koalition in Berlin jede Menge Probleme, die sie selbst kaum lösen kann. Norbert Röttgen steht mit je einem Bein in Berlin und Düsseldorf, Angela Merkel bangt um den Koalitionspartner, Rösler kann sich kaum einbringen und Bahr ebensowenig.
Der Neuwahl-Coup von Düsseldorf hat die Berliner Koalition durchgeschüttelt. Es zeigt sich: CDU und FDP waren vor allem personell völlig unvorbereitet auf die neue Situation. Immer klarer zeichnet sich ab, dass für manchen aus der Regierungs-Riege die Wahl im Mai auch zur persönlichen Schicksalswahl zu werden droht. Ein Überblick über Risiken und Nebenwirkungen in Berlin.
Angela Merkel - Um die Kanzlerin wird es stürmisch
Die Kanzlerin muss um ihren Partner bangen. Kassieren die Liberalen in den nächsten Wochen nur Wahlpleiten und gerät die FDP-Spitze massiv unter Druck, könnte Angela Merkel gezwungen sein, die Koalitionsfrage zu stellen. Läuft es schlecht, muss sie nach der NRW-Wahl darüber nachdenken, der SPD ein Angebot zu machen. Ob die mitmacht, ist aber fraglich. Der SPD wären Neuwahlen wohl lieber – mit der Aussicht auf Rot-Grün.
Perspektive: Es drohen ungemütliche Zeiten. Der Problemfall FDP kann Merkels Koalition ins Wanken bringen.
Norbert Röttgen - zum Siegen verdammt
Wenn sich der Vorsitzende der NRW-CDU, also des größten CDU-Landesverbandes, vom Vorsitzenden der Schwesterpartei CSU in Bayern über die Presse Ratschläge anhören muss, dann ist höchste Alarmstufe.
„Wenn ich mich einer Aufgabe verschreibe, dann ohne Rückfahrkarte“, mahnte CSU-Chef Horst Seehofer via Süddeutsche Zeitung an die Adresse von Röttgen. Will sagen: Der Bundesumweltminister, der bislang stets ausweicht, wenn es um die Frage geht, ob er auch als Wahlverlierer in Düsseldorf bleibe, solle auch als Oppositionsführer in Düsseldorf bleiben. Und Angela Merkel kündigte an, sie wolle mit Röttgen besprechen, wie er seine Rolle in NRW am besten ausfüllen könne.
Röttgen steckt nun in der Zwickmühle. Die Umfragen stehen schlecht für die CDU. Befolgt er den Rat seiner Kritiker, könnte seine steile Politik-Karriere auf den harten Oppositionsbänken in NRW einen bösen Knick bekommen. Hält er sich die Position in Berlin weiter offen, ist er im Fall einer Niederlage zumindest als Landesparteichef angeschlagen. Sein Gewicht in Partei und Kabinett nähme ab, die Aussichten auf einen weiteren Karriereschub wären dahin.
Perspektive: Röttgen ist zum Siegen verdammt – bei denkbar schlechter Ausgangslage
Philipp Rösler - Der Verlierer, der schon vor der Wahl feststeht
Der FDP-Bundesvorsitzende hat keinen guten Lauf. Bei der Entscheidung der Landespartei für Lindner als Frontmann für die Landtagswahl machte Philipp Rösler – mal wieder – keine glückliche Figur. Irgendwie wirkte er nur dabei statt mittendrin. Die Entscheidung fällten andere.
Rösler muss nun mit ansehen, wie sein ehemaliger Generalsekretär in Berlin, der längst auch zu einem potenziellen Rivalen des angeschlagenen Rösler geworden ist, seine Rückkehr in die Politik plant.
Dabei sind die Aussichten für Rösler nicht besonders gut. Denn scheitert die NRW-FDP, die in Meinungsumfragen derzeit bei zwei bis drei Prozent dümpelt, am 13. Mai am Wiedereinzug in den Düsseldorfer Landtag, würde das seine Position als Bundesparteichef und auch als Vize-Kanzler schwächen. Zumal die FDP damit rechnen muss, auch bei den Wahlen im Saarland und in Schleswig-Holstein außen vor zu bleiben.
Schaffte aber die FDP gegen alle Wetten erneut den Sprung ins NRW-Parlament, würde nicht Rösler, sondern Christian Lindner als Retter der Liberalen dastehen – und könnte womöglich Ansprüche auf Röslers Job anmelden.
Perspektive: Wie es auch läuft – Rösler kann eigentlich nur verlieren.
Daniel Bahr - Der Mann, dem seine Partei den Sieg nicht zutraut
FDP-Mann Bahr ist wie Röttgen NRW-Chef seiner Partei – noch. Denn seit Donnerstagabend ist Christian Lindner gefühlt schon sein Nachfolger. Die Entscheidung für Lindner als liberaler Spitzenkandidat für die Landtagswahl heißt auch: Bahr, immerhin Gesundheitsminister in Berlin, wird in der Partei weder das politische Gewicht noch die nötige Ausstrahlung zugemessen, um die FDP im Mai über die Fünf-Prozent-Hürde zu hieven.
Perspektive: Bahrs Einfluss in der FDP wird sinken, ebenso sein Gewicht im Bundeskabinett.