Bundesjustizministerin fordert aus Brüssel mehr Antworten zu Acta
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Berlin. Bundesjustizministerium Leutheusser-Schnarrenberger hat das Anti-Piraterie-Abkommen noch nicht unterschrieben - und erntet dafür Kritik aus der CDU. Die Ministerin wartet noch auf umfassende Antworten aus Brüssel. Auch der Präsident des Europäischen Parlaments ist mit dem Abkommen noch nicht zufrieden.
Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger stößt mit ihrem Nein
zum Anti-Piraterie-Abkommen Acta auf Kritik bei
der Union. Die FDP-Politikerin hatte am Freitag ihre Unterschrift unter das
internationale Abkommen verweigert. Sie verlangt von der EU-Kommission Auskunft
über mögliche rechtliche Auswirkungen des Vertragswerkes.
Acta muss von allen EU-Staaten unterschrieben werden
Das Abkommen zwischen der EU, den USA und neun weiteren Ländern soll
das Vorgehen gegen Produktpiraterie, Fälschungen und andere Verstöße gegen das
Urheberrecht vereinheitlichen. Dabei geht es auch um Urheberrechtsverletzungen
im "digitalen Umfeld", also vor allem im Internet. Das Abkommen muss von allen
EU-Staaten zunächst unterschrieben und von den Parlamenten ratifiziert werden.
Auch das Europaparlament muss zustimmen.
Er sei "sehr verwundert" über das Vorgehen der Justizministerin, die
Acta noch vor kurzem verteidigt habe, sagte
Unions-Fraktionsvize Günter Krings (CDU) der "Passauer Neuen Presse"
(Montagausgabe). "Ich wünsche mir von ihr ein klares Bekenntnis zum Inhalt
dieses Abkommens", fügte er hinzu. "Wenn aus Deutschland das Signal 'Wir wollen
Acta nicht!' kommen würde, wäre das für den Schutz
geistigen Eigentums weltweit fatal", sagte Krings.
Justizministerin fordert umfassende Antworten
Der CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach stellte sich ebenfalls hinter
das Abkommen. "Was im realen Leben verboten ist - das Kopieren fremden geistigen
Eigentums - muss auch im virtuellen Leben verboten sein", sagte Bosbach der
"Rheinischen Post" (Montagausgabe). Es gehe um eine "grundsätzliche
Weichenstellung", wie die Urheberrechte im Netz künftig geschützt werden
könnten. "Die Acta-Kritiker müssten sagen, wie sie
das sicherstellen wollen", forderte der Vorsitzende des
Bundestags-Innenausschusses.
Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger verteidigte ihren
Schritt. "Europaparlamentarier stellen die Frage, ob die Kommission neue
Rechtsetzung beabsichtigt. Diese Frage muss umfassend beantwortetet werden",
sagte die FDP-Politikerin der "Passauer Neuen Presse". Sie fügte hinzu: "Alle
wesentlichen Kritikpunkte, die sich auf Urheberrechtsschutz und Internet
konzentrieren, müssen vom Europäischen Parlament und der Kommission beantwortet
werden."
Martin Schulz erwartet Änderungen an Acta
Auch der Präsident des Europaparlaments, Martin Schulz (SPD), hält
das Abkommen für unausgewogen. Er glaube nicht, dass die europäischen
Parlamentarier über den bestehenden Vertragsentwurf ohne Änderungen abstimmen
werden, sagte er am Sonntag im ARD-"Bericht aus Berlin". Schon 2010 habe er die
Kommission aufgefordert, "ihre Geheimniskrämerei sein zu lassen und alle
Verträge vorzulegen. Das hat sie nicht gemacht, und darum erntet sie heute zu
Recht harte Kritik." Diebstahl müsse auch im Netz bestraft werden, doch müssten
auch die individuellen Grundrechte der Netznutzer geschützt werden, sagte
Schulz. Das Verhältnis zwischen beiden sei in dem Abkommen "nur sehr
unzureichend verankert". Er kündigte an, dass die Beratungen über den ACTA-Vertragsentwurf im Europaparlament am 27. Februar
beginnen werden.
Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth fordert von der Bundesregierung
einen Stopp des Abkommens. Es sei zwischen den USA, Japan und der Europäischen
Union in Hinterzimmern verhandelt worden, ohne die Parlamente und die
betroffenen Zivilgesellschaften, kritisierte die Grünen-Chefin in der "Passauer
Neuen Presse".
Ursprünglich sollte ein Abkommen gegen Marken- und Produktpiraterie
geschlossen werden. Darum könne man nicht drängende Fragen des Urheberrechts und
des Patentschutzes damit in einen Topf werfen. "Acta ist der Versuch, ein altes Urheberrecht, das vor
der digitalen Revolution durchaus seine Berechtigung hatte, für das
Internetzeitalter zu zementieren", kritisierte Roth.
Urheberrechtsverletzungen seien auch für sie kein Kavaliersdelikt,
sagte Roth, aber "sie können nicht mit dem Aufbau einer solchen privaten
Internet-Zensur beantwortet werden, die von rechtsstaatlicher Kontrolle völlig
frei wäre". (dapd, rtr)
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