Berlin.

Der Streit über den Länderfinanzausgleich steht vor einer weiteren Eskalation. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) droht ihrem bayerischen Amtskollegen Horst Seehofer (CSU) im Falle einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht mit dem Ende aller Länderausgleichsvereinbarungen. Falls Bayern den Länderfinanzausgleich aufkündige, lägen automatisch auch alle anderen Ausgleichssysteme unter den Bundesländern auf dem Tisch, sagte Kraft der Zeitung "Bild am Sonntag" laut Vorabbericht.

"Kollege Seehofer würde mit einer Klage viel riskieren", sagte Kraft. Unter anderem würden der Mehrwertsteuerausgleich zwischen den Bundesländern und die gemeinsame Forschungsförderung nicht länger gelten. Beim Mehrwertsteuerausgleich habe Nordrhein-Westfalen im vergangenen Jahr mehr als 2,4 Milliarden Euro mehr eingezahlt und damit genau so viel wie Bayern und Hessen zusammen.

CSU wirft Kraft Erpressung vor

CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt warf Kraft Erpressung vor. "Die Hilflosigkeit bei Frau Kraft muss groß sein, wenn sie auf unsere berechtigte Forderung mit einem plumpen Erpressungsversuch reagiert", sagte er am Samstag. Kraft klammere sich verzweifelt an den Länderfinanzausgleich, weil ihr Land in den eigenen Schulden absaufe. Statt immer nur auf die Millionen aus Bayern zu schielen, sollte sie den nordrhein-westfälischen Haushalt sanieren.

Nach Ansicht von Dobrindt hat der Länderfinanzausgleich in der heutigen Form keine Zukunft. "Deutschland kann sich kein Transfersystem leisten, bei dem die Hälfte der Länder bei Bayern am Tropf hängt", sagte der CSU-Generalsekretär. Kraft pocht hingegen auf die Einhaltung des Länderfinanzausgleichs. "Wir haben eine feste Vereinbarung bis 2019, der Herr Seehofer selbst zugestimmt hat. Solidarität ist keine Einbahnstraße", sagte sie.

In diesem Zusammenhang fordert Kraft zudem eine gezielte Förderung der Wirtschaft in Westdeutschland nach dem Vorbild des Solidarpakts Ost: "Es gibt in Westdeutschland einen enormen Nachholbedarf an Infrastrukturmaßnahmen, der auch die wirtschaftliche Entwicklung gefährdet", sagte Kraft bereits Anfang Februar gegenüber der Zeitung Stuttgarter Nachrichten. Deswegen müsse es nun "einen Vorrang West geben".

Kraft warb für Städtebaumittel, Investitionen in Straßen und bei der Bahn und im Forschungs- und Wissenschaftsbereich. Am dringendsten müssten Investitionen in Infrastruktur, Bildung, Kinderbetreuung und Kommunen getätigt werden. Hier sehe sie überall im Westen Nachholbedarf. "Wir müssen jetzt einen klaren Fokus darauf lenken, dass jetzt Westdeutschland am Zug ist", sagte Kraft. (dapd/afp)