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Das vergangene Jahr war kein leichtes für Sie. Es gab Spott über Minderausgaben von 1,3 Milliarden Euro, die angeblich plötzlich aufgetaucht waren. Dann wurde der Nachtragshaushalt gekippt. Wird 2012 ein besseres Jahr?
Ich sehe sehr zuversichtlich in dieses Jahr. 2011 war anfangs nur bedingt vergnügungssteuerpflichtig. Da hat oft eine überaus giftige Atmosphäre geherrscht – unter anderem wohl auch deshalb, weil die CDU die Regierungsmacht nach nur einer Legislaturperiode verloren hatte.
Hat sich der Umgang miteinander geändert?
Ja. Erstens, weil in der Öffentlichkeit deutlich geworden ist, dass wir die Haushaltskonsolidierung voranbringen. Zweitens haben sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ein Stück entspannt. Wir haben dank des stabilen Arbeitsmarkts deutlich bessere Steuereinnahmen. Und die Opposition hat gemerkt, dass sie mit fundamentalem Blockieren auf Dauer keine Sympathien gewinnt.
Trotzdem hat der Haushalt noch keine Mehrheit.
FDP-Fraktionschef Gerhard Papke hat gesagt, seine Partei wird gegen einen Haushalt stimmen, in dem keine Absicht zu erkennen ist, dass die Schuldenbremse bis zum Jahr 2020 eingehalten werden soll. Wenn er das so meint, kann er zustimmen. Denn ich ignoriere die Verschuldungsgrenze des Jahres 2020 im Haushaltsentwurf keineswegs. Die Neuverschuldung liegt dort um 850 Millionen Euro unter dem Vorjahr. Wenn ich für den Haushalt 2012 noch entlastende Momente sähe, dann würde ich die auch anbieten. Nicht als Preis für die FDP, sondern um auf dem Pfad zu einem ausgeglichenen Haushalt voranzukommen.
Weltweit viel Kapital unterwegs
Das soll im Jahr 2020 so weit sein. Die Inflationsrate wird steigen, es gibt die Euro-Krise. Können Sie die ganze Planung nicht vergessen?
Verlässliche Zukunftsprognosen in diesen Zeiten sind für alle eine Herausforderung. Aber die Krise hat für uns nicht nur Schattenseiten: Es ist zum Beispiel nicht zwangsläufig, dass die Zinsen jetzt ganz schnell steigen. Denn weltweit ist enorm viel Kapital vorhanden und das will angelegt werden – auch zu geringeren Margen. Daher erleben wir hierzulande im Moment eine Sonderentwicklung, weil viele Investoren auf den deutschen Kapitalmarkt streben. Der Schuldendienst wird dadurch günstiger. Wenn aber die Politik mit der Schuldenbremse nicht den Pflock bei 2020 eingeschlagen hätte, würden wir immer weiter diskutieren, ob nicht doch noch mehr ausgegeben werden kann.
Wenn aber in einer Zeit, in der Steuereinnahmen sprudeln, immer noch eine Neuverschuldung von 3,9 Milliarden nötig ist, was passiert erst mal dann, wenn die Konjunktur nicht brummt?
Wenn man in guten Zeiten immer noch ein Minus hat, bedeutet das: Die öffentlichen Haushalte sind strukturell unterfinanziert. Wir müssen uns darüber klar werden, dass wir bestimmte Aufgaben vom Staat nicht erwarten dürfen. Aber es kommen ständig neue Aufgaben auf uns zu. Das fängt im Landtag an: die FDP will mehr Suchtkliniken, die Vereinten Nationen fordern Inklusion, also gemeinsamen Unterricht für Kinder mit und ohne Behinderungen, der Bund forciert den Ausbau der U3-Betreuung. Alles wirklich wichtige Dinge - aber sie kosten jeweils mehrstellige Millionenbeträge. Die müssen am Ende auch bezahlt werden. Wo das eingespart werden soll, sagt die Opposition nicht.
Höhere Spitzensteuer
Und? Von wem soll das Geld kommen?
Das lässt sich nur finanzieren, wenn wir dafür auch Abgaben und Steuern erheben. Diese Einsicht hat in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen.
Welche Steuern zum Beispiel?
Es muss gerecht zugehen. Das geht am ehesten über eine progressive Einkommensbesteuerung. Da hören wir zunehmend Äußerungen von Wohlhabenden, die bereit sind, sich stärker zu beteiligen. Das sind nur Einzelstimmen, aber keine unwesentlichen.
Sie wollen also den Spitzensteuersatz erhöhen.
Ja. Zur Zeit geht die schwarz-gelbe Koalition im Bund mit ihren Steuersenkungsplänen allerdings in eine völlig andere Richtung. Aber wir können die Lücke in den Haushalten bei Bund, Ländern und Kommunen nicht nur durch Kürzen und Streichen schließen.
Sollten Sie keine Mehrheit für den Haushalt erzielen, wird es dann Neuwahlen geben?
Die Stimmen, die behaupten, die Minderheitsregierung von NRW sei abhängig von den anderen Parteien, sind leiser geworden. De facto kommt eine Mehrheit im Landtag nämlich nur dann zustande, wenn CDU, FDP und Linke vollzählig die Hand gegen sie heben. Da dürfte sich auch keiner enthalten, es dürfte keiner rausgehen. Das heißt: Die drei ungleichen Partner brauchen einander. Es würde mich wundern, wenn sich eine solche große Koalition bilden würde, um sich in das Abenteuer Neuwahlen zu stürzen. Und wenn: Die Abstimmung der Bürgerinnen und Bürger von NRW müssten wir nicht fürchten.