Berlin. Nicht nur die NRW-CDU, auch die Bundesgrünen segeln mit sozialpolitischem Kurs Richtung Bundestagswahl 2009. Beim Parteitag in Berlin beschlossen die Partei, sich für eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes, die Abschaffung der Praxisgebühr und eine Mindestrente einzusetzen.

Eine bessere soziale Absicherung versprechen die Grünen in ihrem Wahlprogramm. Auf ihrem Parteitag in Berlin beschlossen die Delegierten unter anderem eine Aufstockung des Arbeitslosengelds II, die Abschaffung der Praxisgebühr im Gesundheitswesen und die Einführung einer Garantierente. Mit ihrer Sozialpolitik richten sich die Grünen vor allem an Kinder und Jugendliche aus unteren Einkommensschichten, Arbeitssuchende und Geringverdiener sowie Rentner.

Für eine Erhöhung der Hartz-VI-Sätze

Nach dem Willen der Grünen sollen die «Hartz-IV»-Sätze für Erwachsene auf 420 Euro erhöht und regelmäßig an die Lebenshaltungskosten angepasst werden. Gleichzeitig wollen die Grünen die Rechte der Arbeitslosen gegenüber den Arbeitsagenturen stärken, indem unter anderem die Zumutbarkeitsregeln beim Arbeitslosengeld II entschärft werden sollen.

Außerdem erneuern die Grünen ihre Forderung nach einer Bürgerversicherung im Gesundheitswesen. Sie sieht vor, dass alle Beitragszahler abhängig von ihrer Leistungsfähigkeit in ein System einzahlen. Zwischen den Kassen soll mehr Wettbewerb entstehen, in den auch die privaten Versicherer einbezogen werden sollen. Auch die Pflegeversicherung soll zu einer Bürgerversicherung weiterentwickelt werden.

Gegen die Altersarmut

Ferner sollen sich Rentner auch künftig auf Zahlungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung verlassen können. Mit einer Garantierente wollen die Grünen Ältere vor Armut schützen. Diese soll aus Steuergeldern finanziert werden, langfristig soll auch die Rentenversicherung zu einer Bürgerversicherung weiterentwickelt werden. Die Grünen sprechen sich für den Erhalt der Rente mit 67 aus, werben aber auch für bessere Chancen für ältere Menschen auf dem Arbeitsmarkt.

Für einen grundlegenden Wandel im Umgang mit den natürlichen Ressourcen wirbt die Spitzenkandidatin der Grünen für die Bundestagswahl, Renate Künast. «Es wird nur anders in diesem Land und globusweit gerechter, wenn wir unseren Lebensstil, die Art wie wir leben, wohnen, transportieren und produzieren grundlegend ändern», sagte Künast auf dem Parteitag der Grünen am Samstag in Berlin. Sie unterstrich, auch in Zeiten der Finanz- und Wirtschaftskrise mache der Klimawandel nicht halt.

Bundesregierung „kann keinen Klimaschutz“

Deutliche Kritik äußerte sie an der Klima- und Energiepolitik der Bundesregierung. «Deutschland ist ein schlechtes Vorbild geworden in den letzten Jahren in Sachen Klimaschutz», kritisierte sie. Unter Rot-Grün sei der Kohlendioxidausstoß deutlich stärker reduziert worden als unter der großen Koalition. «Die können keinen Klimaschutz. Das kann nur Grün.» Sie mahnte, den Versprechungen der Sozialdemokratie keinen Glauben zu schenken. Die SPD blinke grün und biege rechts ab.

Nach dem Willen der Grünen soll vor allem der ökologische Umbau Arbeitsplätze schaffen. Schon jetzt zähle die Umweltwirtschaft 1,8 Millionen Beschäftigte, heißt es im Programm. «Blühende Landschaften gibt es nur dort, wo in Effizienz und erneuerbare Energien investiert wird», sagte Künast und fügte hinzu: Grüne Energiepolitik sei auch sozial, weil sie den Menschen beispielsweise helfe, Heizkosten zu sparen.

Trittin betonte, dass die Grünen die «industriellen Kernbranchen Deutschlands wie Automobil, Chemie, Maschinenbau und Elektroindustrie nicht als Gegner betrachten, sondern als Partner». Sie sollten «sich modernisieren, effizienter, erneuerbarer und kohlenstoffärmer werden».

Keine Koalitionsaussagen

Die Grünen wollten am Samstag ihren Kurs in der Energiepolitik für das Bundestagswahlprogramm beschließen. Bis 2020 soll der Anteil der regenerativen Energien bei der Stromproduktion demnach mindestens bei 40 Prozent liegen, bei der Wärmeversorgung sollen bis dahin 30 Prozent erreicht sein. Die Grünen halten auch am Atomausstieg fest und bleiben bei ihrem Nein zu neuen Kohlekraftwerken.

Die Spitzenkandidaten Künast und Trittin erklärten nicht, in welcher Koalition die Grünen ihre Vorstellungen verwirklichen wollen. Als Ziel gaben sie aus, die Große Koalition zu beenden und Schwarz-Gelb zu verhindern. Trittin und Künast waren im Vorfeld des Parteitages mit ihrem Vorstoß gescheitert, die Ampel mit SPD und FDP als Wunschkoalition in das Parteiprogramm aufzunehmen. Die Bundestagsabgeordneten Thilo Hoppe und Gerhard Schick zogen unterdessen einen Antrag zurück, in den Wahlaufruf, den die Grünen am Sonntag verabschieden wollten, die Option eines rot-rot-grünen Bündnisses hineinzuschreiben. (ap/ddp)