Berlin.. Bundespräsident Christian Wulff hat im Umgang mit der Kreditaffäre einzelne Fehler eingeräumt, den Großteil der Vorwürfe aber zurückgewiesen. Einen Rücktritt lehnte er im Fernsehinterview entschieden ab.
Dieser Bundespräsident kämpft um sein Amt, so viel ist klar nach der Viertelstunde. „Ich weiß, dass ich nichts Unrechtes getan habe, aber nicht alles richtig war“, so fasst Christian Wulff gleich am Anfang dieses ungewöhnlichen Fernsehauftritts seine Sicht der Dinge zusammen.
Ernst und entschlossen wirkt der Präsident, wie er in einer Mischung aus Demut und Rechtfertigung versucht, einen Schlussstrich unter die Affären-Debatte zu ziehen. Er hat sich eine besonders große Bühne gewählt für diese dritte und ausführlichste Erklärung in eigener Sache, seit die Affäre Mitte Dezember begann: Zwei Fernsehjournalisten von ARD und ZDF, die bereits vor Wochen um ein Interview gebeten hatten, hat Wulff sehr kurzfristig ins Schloss Bellevue geladen, um seine Sicht der Dinge ausführlich schildern zu können - wohl nicht ganz freiwillig, sondern nachdem selbst die Kanzlerin ihn zu einer weiteren Erklärung gedrängt hat.
Veröffentlichung sollte nur verschoben werden
Ein Befreiungsschlag soll es werden, aber in Wahrheit hat der Bundespräsident nicht sehr viel Neues mitzuteilen. Am Anfang steht: Gelassenheit. Nein, an einen Rücktritt habe er nie gedacht, versichert Wulff gleich zu Beginn, er habe die Verantwortung schließlich für fünf Jahre übernommen und trage sie gern. Dann wird Wulff zum Drohanruf bei der „Bild“-Zeitung gefragt, und es folgt das Kapitel Zerknirschung: „Ein schwerer Fehler“, „ich entschuldige mich“, „mit meinem Amtsverständnis nicht vereinbar“ - mehr Reue geht kaum. Wulff verspricht, sein Verhältnis zu den Medien neu zu ordnen, bittet aber auch um Verständnis: Er habe impulsiv reagiert, als er auf seiner strapaziösen Auslandsreise in den Golf-Staaten von der Absicht erfuhr, dass während seiner Abwesenheit Unwahrheiten veröffentlicht werden sollten. „Man fühlt sich hilflos, man muss sich vor Familie und Freunden stellen.“ Wulff bestreitet - das ist neu - dass er die Veröffentlichung über den privaten Hauskredit verhindern wollte, sie habe nur verschoben werden sollen, auch um einiges zu klarzustellen. „Man ist Mensch und macht Fehler“.
Wulff hält Affäre bereits für ausgestanden
Wulff sitzt vorgebeugt, die Stimme ist belegt, mit sparsamen Gesten versucht er jetzt, Kapitel drei zu eröffnen: Die offensive Rechtfertigung. Die Sache mit den Krediten und den Urlaubsreisen nämlich, die den Kern der Affäre ausmacht, hält er bereits für ausgestanden: Der günstige Kredit der Stuttgarter BW-Bank? „Das waren ganz normale, übliche Konditionen“. Er habe ja Sicherheiten vorweisen können, die Unterlagen würden heute ins Internet gestellt. Der vorangegangene Kredit der Unternehmerfamilie Geerkens? Ja, er hätte das Darlehen besser im niedersächsischen Landtag angeben sollen, aber: „Es gibt auch Menschenrechte selbst für den Bundespräsidenten. Ich möchte nicht Präsident eines Landes sein, wo sich jemand nicht Geld von Freunden leihen kann.“
Ein Verstoß gegen das Ministergesetz gebe es „eindeutig“ nicht. Und auch die Urlaubsreisen in seiner Ministerpräsidentenzeit bei befreundeten Unternehmen verteidigt er: „Wenn man als Ministerpräsident keine Freunde haben darf, dann verändert sich die Republik zum Negativen. Ich stehe zu den Urlauben bei Freunden.“ Nur sein Urlaubsaufententhalt beim Milliardärs-Freund Carsten Maschmeyer auf Mallorca, als Wulff schon Bundespräsident war, sei ein Fehler gewesen. Wulff gelobt Besserung (“man muss aus eigenen Fehlern lernen“), aber die Zerknirschung hat Grenzen: Ist er ein Bundespräsident auf Bewährung? Das findet Wulff „völlig daneben“, er habe schließlich nicht gegen das Gesetz verstoßen.
Unionsführung hofft auf Stabilisierung
Ob das genügt, um den wachsenden öffentlichen Druck abzumildern? Die Unionsführung hat sich entschlossen, Wulff einstweilen zu stützen, wenn auch nicht bedingungslos. Aussitzen, darauf hatten sich Kanzlerin Angela Merkel und CSU-Chef Horst Seehofer telefonisch verständigt, war keine Option, deshalb musste der Präsident noch mal ran.
Nun lobt CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe am Abend, dass sich Wulff kritischen Fragen gestellt habe - so werde Vertrauen in der Bevölkerung zurückgewonnen. Und Seehofer erklärt, dass Wulff das Vertrauen der CSU habe. Es ist freilich nur eine konditionierte Unterstützung: Die Unionsführung hofft, dass sich Wulff nun stabilisiert. Und wenn nicht? Die Untersuchung im niedersächsischen Landtag hat gerade erst begonnen, Wulff drohen noch viele unangenehme Fragen. Und die Opposition, auch das ist klar, wird keine Ruhe geben. „Das war kein Befreiungsschlag“, sagt SPD-Fraktionsvize Hubertus Heil, „die Debatte wird und muss weitergehen.“