Frankfurt am Main/Berlin. Die zwei neu entdeckten Videos der Terrorzelle sind klare Bekenner-Videos mit Hass-Botschaft. Heinz Fromm, Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz geht hart mit seiner Behörde ins Gericht. Sie hätten die Gewaltbereitschaft der Neonazis unterschätzt. Trotz der neuen Ermittlungsergebnisse ist der Datenschutzbeauftragte Schaar gegen eine vorschnelle Rechtsextremistendatei - er sieht eine Gefahr für unbescholtene Bürger.

Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Peter Schaar, hat vor einer vorschnellen Einrichtung einer Verbunddatei gewarnt, die aus den Erkenntnissen der Nachrichtendienste und der Polizei über den Rechtsextremismus gespeist werden soll. Es sei von "zentraler Bedeutung festzulegen, welche Daten welcher Personen in diese Datei eingestellt werden sollen", sagte Schaar der "Frankfurter Rundschau" . Sonst bestehe die Gefahr, dass unbescholtene Bürger als "Kontaktpersonen" erfasst würden.

Schaar forderte zudem, dass auch künftig die Nachrichtendienste und die Strafverfolgungsbehörden ihre Informationen getrennt erfassen und verwalten. Der Datenschutzbeauftragte hält es auch für nicht hinnehmbar, wenn nun pauschal sämtliche polizeilichen Speicherfristen verlängert würden.

Zwei neue Terror-Videos entdeckt

Die zwei neu entdeckten Terror-Videos des rechtsextremen Zwickauer Nazi-Trios "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) sind offenbar klare Bekenner-Videos mit einer Hass-Botschaft. Das erste Video sei zwei Minuten lang und stamme aus dem Jahr 2001. Das zweite Video sei fünf Minuten lang und stammt aus dem Jahr 2002. Die Filme enthielten die Botschaft: "Der NSU wird nicht durch viele Worte, sondern durch seine Taten auf sich aufmerksam machen!" Zur martialischen Musik der mittlerweile aufgelösten Neonazi-Hard-Rock-Band "Noie Welt" aus Baden-Württemberg und Bildern des ersten Mordopfers falle der Satz: "Jetzt weiß Enver Simsek, wie ernst uns der Erhalt der deutschen Nation ist." Der türkische Blumenhändler Simsek war das erste NSU-Opfer und wurde am 9. September 2000 in Nürnberg erschossen.

Auch die Bilder und Namen der anderen damals bereits getöteten NSU-Opfer würden auf gleiche Weise gezeigt. Ermittler werteten die Videos als "klares Bekenntnis zu rechtsterroristischen Anschlägen".

"Wir haben die Täter nicht wirklich verstanden"

Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV), Heinz Fromm, geht unterdessen hart mit seiner Behörde und mit sich selbst ins Gericht. Der Tageszeitung ""Die Welt" liegt das Manuskript einer Rede des BfV-Chefs vor, die er Ende November bei einem nicht-öffentlichen Jugendkongress des Zentralrates der Juden in Weimar gehalten hatte. Darin heißt es: "Wir haben die jetzt bekannt gewordenen Täter nicht wirklich verstanden. Wir haben die Dimension ihres Hasses ebenso unterschätzt wie ihren Willen zur Tat." Unvorstellbar sei für ihn gewesen, dass Rechtsterroristen gezielt Menschen erschießen würden. "Die Ermordung von Menschen aus dem einzigen Grund, weil sie als 'fremdländisch' empfunden werden, passt in die Gedankenwelt der rassistischen Täter. Das wussten wir. Und wir konnten uns das als Bombenanschlag oder als Brandstiftung vorstellen, aber nicht als eine kaltblütige Exekution", sagte Fromm vor etwa 300 Gästen.

Trotz der Herkunft der Zwickauer Zelle sieht Heinz Fromm rechtsextremistische Gewalt nicht als ein Phänomen Ostdeutschlands an. "Sie ist auch keines der Wiedervereinigung", heißt es in dem Manuskript. (dapd)