Kairo. Die ägyptische Regierung ist nun auch offiziell zurückgetreten. Der Militärrat hat das Angebot von Ministerpräsident Essam Scharaf akzeptiert. Die Krise lähmt auch die Wirtschaft. Nun wartet das ganze Land auf einen gewählten zivilen Präsidenten. Im Juni soll in Ägypten gewählt werden.

Nach tagelangen Protesten und Ausschreitungen in Ägypten haben sich die herrschenden Generäle dem Druck der Demonstranten gebeugt. Politikern zufolge stimmte der Militärrat am Dienstag zu, die Präsidentenwahl früher als bislang geplant abzuhalten. Zudem soll innerhalb weniger Tage eine Regierung zur "nationalen Rettung" gebildet werden. Es war zunächst unklar, wer dieser Regierung angehören soll. Das vom Militärrat ernannte Kabinett von Ministerpräsident Essam Scharaf hatte angesichts der Massenproteste mit mindestens 36 Toten seinen Rücktritt angeboten. Der Militärrat traf sich daraufhin am Dienstag mit Politikern zu einem Krisentreffen und nahm das Gesuch an.

"Wir haben uns darauf geeinigt, dass im Juli die Macht auf einen zivilen Präsidenten übergeht", sagte der Chef der ultrakonservativen Nur-Partei, Emad Abdel Ghafur, der Nachrichtenagentur Reuters. Er erwarte, dass der 20. Juni als Wahltermin festgezurrt werde.

Proteste in Kairo gehen weiter

An der Krisensitzung teilnehmende Politiker bestätigten zudem, dass die Parlamentswahlen wie geplant in der kommenden Woche stattfinden sollen. An dem Termin kamen in den vergangenen Tagen Zweifel auf, weil sich Demonstranten vor allem in Kairo Straßenschlachten mit Sicherheitskräften lieferten. Auch am Dienstag setzte die Polizei Tränengas ein.

Tausende Menschen versammelten sich wieder auf dem Tahrir-Platz in der Kairoer Innenstadt. Viele sangen und schwenkten Fahnen. Mehrere Demonstranten hängten eine Puppe an einem Lampenmast auf, die den Chef des Militärrates, Feldmarschall Mohammed Hussein Tantawi, darstellen sollte. Zeugen zufolge demonstrierten auch Tausende Menschen in der Hafenstadt Alexandria.

Ägypter fürchten die Macht des Zentralrats

Viele Ägypter fürchten eine zu große Rolle der Streitkräfte, nachdem der langjährige Präsident Husni Mubarak in diesem Jahr auf Druck von Protesten auf sein Amt verzichten musste. Ursprünglich war geplant, die Präsidentenwahl erst Ende 2012 oder Anfang 2013 abzuhalten. Bei den Protesten kamen seit Samstag mindestens 36 Menschen ums Leben. Offiziellen Angaben zufolge wurden mehr als 1250 verletzt.

Die Streitkräfte sind in Ägypten eigentlich angesehen - auch weil sie Mubarak mit aus dem Amt zwangen. Immer mehr Ägypter sind aber mit dem Militärrat unzufrieden, weil die Streitkräfte versuchen, sich einer zivilen Kontrolle zu entziehen. Zudem wurden Tausende Zivilisten vor Militärgerichte gestellt. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International warf den Machthabern vor, teilweise mit noch schlimmerer Brutalität vorzugehen als unter Mubarak. Versprechen, die Menschenrechtslage zu verbessern, hätten sich als leer erwiesen.

Unsicherheit lähmt Ägyptens Wirtschaft

Die Unsicherheit lähmt auch die Wirtschaft. So kommt es in Ägypten häufig zu Zusammenstößen zwischen ethnischen Gruppen, Streiks oder Anschlägen auf Gasleitungen. Die Touristen bleiben vielerorts aus. Wegen der Unruhen gab der Kairoer Leitindex seit Donnerstag um elf Prozent nach. Das ägyptische Pfund fiel im Vergleich zum Dollar auf den niedrigsten Stand seit Januar 2005.

Die USA, die Ägypten jährlich Militärhilfen in Höhe von 1,3 Milliarden Dollar zahlen, riefen erneut alle Seiten zur Zurückhaltung auf. "Die Gewalt ist bedauerlich", sagte Regierungssprecher Jay Carney.