Berlin. . Die Debatte über das Verbot der rechtsextremen Partei NPD ist erneut aufgeflammt. Doch die juristischen Hürden für NPD-Verbotsverfahren liegen hoch. Ein Problem sind die verdeckten Verbindungsleute des Verfassungsschutzes, die aus den rechtsextremistischen Kreisen abgezogen werden müssten.
Nach der Mordserie von Neonazis mehren sich die Stimmen für ein neues NPD-Verbotsverfahren. Auch wenn die rechtsextreme Partei offenbar keinen Kontakt zu der Zwickauer Terrorzelle gehabt habe, schaffe sie doch „das geistige Umfeld“, sagte der SPD-Innenexperte Thomas Oppermann am Montag im ZDF. Die NPD gehöre ganz klar verboten. Zuvor hatten bereits der Zentralrat der Juden sowie mehrere Landespolitiker für ein Parteiverbot geworben. Sie belebten damit eine altbekannte Debatte. Doch die rechtlichen Hürden liegen hoch.
Der erste Versuch, die NPD als verfassungswidrige Partei verbieten zu lassen, endete für Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat in einem Debakel: Vor dem Bundesverfassungsgericht scheiterte der Vorstoß schon im Ansatz. Am 18. März 2003 stellte der Zweite Senat das Verfahren ein, nachdem bekannt wurde, dass sich das Beweismaterial teilweise auf Aussagen von V-Leuten (Verbindungsleute) des Verfassungsschutzes stützte.
Hohe juristischen Hürden
Das Verbot einer Partei gilt als schärfste Waffe des Rechtsstaats. Denn die politischen Parteien sind „notwendiger Bestandteil der freiheitlichen demokratischen Grundordnung“, wie es in Paragraf 1 des Parteiengesetzes heißt. Sie wirken an der politischen Willensbildung des Volkes mit und erfüllen somit eine „öffentliche Aufgabe“. Die bloße Ablehnung der freiheitlich demokratischen Grundordnung genügt deshalb nicht für ein Verbot. Hinzukommen müsse eine dagegen gerichtete „aktiv kämpferische, aggressive Haltung“, urteilten die Karlsruher Richter beim Verbot der „Kommunistischen Partei Deutschlands“ (KPD) im Jahre 1956.
Um die „aktiv kämpferische, aggressive Haltung“ der rechtsextremen NPD zu prüfen, arbeitet der Verfassungsschutz mit V-Leuten aus der Szene zusammen. Die V-Leute sind aber keine verdeckten Ermittler, die mit einer falschen Identität gezielt in die zu beobachtenden Kreise geschleust werden. Nach Verfassungsschutzangaben besteht ein Vertrauensverhältnis „zu solch einer Person ausdrücklich nicht“. Für ihre Auskunftsbereitschaft erhalten die Verbindungspersonen in der Regel ein „Honorar“, über dessen Höhe die Behörden schweigen. Durch ihren Einsatz erhofft sich der Verfassungsschutz Informationen aus erster Hand zu kommen, ohne eigenes Personal in der Szene einsetzen zu müssen.
V-Leute müssten abgezogen werden
In rechtsextremistischen Kreisen waren die V-Leute vor dem ersten Verbotsverfahren nicht selten bekannt. Die Rechten rühmten sich, über diese Personen ihrerseits den Verfassungsschutz zu benutzen. Nicht nur deshalb ist der Einsatz von V-Leuten umstritten. Kritiker bringen immer wieder vor, die Verbindungsleute wirkten bei Straftaten mit, heizten andere an und würden sie überhaupt erst anwerben.
Auch für das Verfassungsgericht war der Einsatz der V-Leute der entscheidende Grund, das Verbotsverfahren einzustellen. Die durch sie bewirkte „massive staatliche Präsenz“ im Bundes- und in Landesvorständen der NPD beurteilten die Richter als „unaufhebbares Verfahrenshindernis“. Das Gericht wies darauf hin, dass in den Jahren zuvor etwa 30 von 200 NPD-Vorstandsmitgliedern für den Verfassungsschutz des Bundes und der Länder arbeiteten, also rund 15 Prozent. Der Staat habe es durch die V-Leute teilweise in der Hand gehabt, die als verfassungswidrige erachteten Äußerungen zu steuern, hieß es.
Für einen erfolgreichen zweiten Anlauf müsste der Verfassungsschutz seine V-Leute nach Ansicht von Experten vollständig aus der NPD abziehen. Davor warnen hingegen wieder Sicherheitsexperten, weil dann die NDP aus dem Fokus gleiten könnte. (afp)