Cannes. . Kein Pardon mit den Griechen: Das abgesagte Referendum in Griechenland ist für Bundeskanzlerin Angela Merkel kein Grund, von ihren Forderungen zurückzuweichen. Sie will Taten sehen.

Sie bleibt auf der Hut. Angela Merkel (CDU) hat wohl zu viel mitgemacht - mit den Griechen. Als sie erfährt, dass in Athen die sicher geglaubte Volksbefragung abgesagt wird, bemerkt die Kanzlerin, kühl bis ans Herz: „Ich kann keine Taten erkennen.“ Für sie zählen aber allein Taten. Deshalb bleiben auch zwei Drohungen im Raum. Erstens, die nächste Tranche an Hilfen, acht Milliarden Euro, wird zurückgehalten, bis die Griechen dem internationalen Rettungspaket zustimmen. So lange bleibt - zweitens - auch ein Ausschluss aus dem Euro-Raum eine Option für Merkel.

So endet für sie in Cannes beim Weltwirtschaftsgipfel G-20 ein Tag, der zu den turbulentesten ihrer Kanzlerschaft gehört. Am Morgen waren Merkel wie auch Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy davon ausgegangen, dass der griechische Premier Giorgios Papandreou auf eine Volksbefragung pochen und so lange auch die EU im Unklaren über die weitere Entwicklung lassen würde. Am Vorabend hatten beide auf Papandreou eingeredet. Und ob nun der Druck in Cannes oder daheim den Ausschlag gaben - Fakt ist, dass der Mann aus Athen das Referendum wieder abblies.

Von Stunde zu Stunde klangen die Nachrichten aus Athen dramatischer. Die G-20 wussten nicht, woran sie waren. Fragen über Fragen. Sind die Tage Papandreous gezählt? Bleibt er im Amt, oder zieht er sich zurück, so wie er es am Abend noch andeutet? Wenn es was gibt, das Machtpolitiker gegen den Strich geht, ist es Kontrollverlust, Unsicherheit. Und Unklarheit.

Für Barack Obama ist die Euro-Krise „der wichtigste Punkt“. Er wolle beim Weltwirtschaftsgipfel mehr „Details“ erfahren, sagt er bei der Ankunft in Cannes. Da ist der US-Präsident nicht allein.

Großes politisches Kino

Der Mann des Tages war da längst abgereist: Papandreou. In Cannes hatten die Europäer ihn am Vorabend gezwungen, in den Abgrund zu schauen. Zum Essen im VIP-Saal „France“ im Palais des Festivals, bekannt von den Filmfestspielen, lief diesmal ganz großes politisches Kino.

IWF-Chefin Christine Lagarde machte klar, dass keine Hilfen gezahlt werden. Die Griechen haben noch Geld bis Anfang Dezember. Danach wären sie pleite. Das bedeutete, dass Papandreou nicht viel Zeit bliebe, sein Volk zu befragen...

Im Kreis der Europäer nannte er den 4. oder 5. Dezember als Termine für ein Referendum. Was auf dem Spiel steht, führte ihm Merkel vor Augen. Im Kern gehe es nur um eine Frage: „Möchte Griechenland im Euro-Raum verbleiben, ja oder nein?“

Die letzten 24 Stunden waren ein Wechselbad der Gefühle. Wobei Merkel nie laut wurde. Sie ist immer kontrolliert. Aber sie kann deutlich werden. Papandreou habe mit seiner „einseitigen Entscheidung“ (für ein Referendum) erst mal die psychologische Situation „massiv verändert“. Sie wie Sarkozy waren nicht zuletzt auch ungehalten darüber, mit welch kleiner Münze in Athen gezahlt wird. Man müsse „einen Konsens aller politischen Kräfte erwarten“, sagte die Bundeskanzlerin.

Merkel zeigt Härte - Kein Spaß an der Freude

Pikant an der unverhohlenen Kritik an der unversöhnlichen griechischen Opposition ist, dass es dabei um eine rechte Partei geht, um Lagerfreunde von Merkel und von Sarkozy. Der Präsident erinnerte daran, dass die europäischen Hilfen in Irland, in Portugal, in Spanien greifen. Und warum? Weil man sich dort zusammenraufte. „Europa kann nur funktionieren, wenn die politische Klasse sich einig ist“, so Sarkozy. Die Kritik verpuffte nicht wirkungslos. Am Donnerstag deutete sich in Athen eine Notstandsregierung an - endlich mit Hilfe aller Parteien.

Merkel und Sarkozy hatten den Eindruck, dass Papandreou die Partner unterschätzt hatte. Gerade deswegen mussten sie deutlich werden; und härter, als ihnen lieb ist. „So angenehm ist die Aufgabe nicht“, versichert Sarkozy. „Glauben Sie wirklich, dass Frau Merkel und ich das aus Spaß an der Freude machen“, fragt der Präsident. Gipfelpartner Obama war da derweil einen Schritt weiter. Er wünschte sich nicht nur eine Lösung der Griechenland-Krise, sondern auch ein stärkeres Ennagement der Europäischen Zentralbank. „More Firepower“, sagte er. Mehr Feuerkraft.