Brüssel. Die Euro-Krisenmanager haben aus ihren Fehlern gelernt: Der Euro-Rettungsschirm EFSF beträgt nun eine Billion Euro und ist umfassender als vorher. Bundeskanzlerin Merkel ist ihrem Grundsatz “Hände weg von der EZB“ treu geblieben. Doch auch nach dem Gipfel bleiben genug Fragen offen.

Bei den Ansagen zuvor ging es so munter durcheinander wie anschließend im Gipfel-Getriebe selbst. Mal wurde das Publikum eingestimmt auf den Befreiungsschlag, mal wurde es ermahnt, keine Wunder zu erwarten. Immer wenn Absage oder Verschiebung einer Sitzung zu begründen war, hieß es: Wir haben Großes vor! Kurz vor Termin war nur mehr von kleinen Schritten und langen Wegen die Rede. So kann sich jeder aussuchen, ob er sich vom Gipfel-Resultat enttäuscht oder positiv überrascht fühlen will.

Nüchtern betrachtet, gibt es allerhand Substanz auf der Positiv-Seite. Zumindest muss man den Euro-Krisenmanagern bescheinigen: Sie haben aus Fehlern gelernt. Was sie abgeliefert haben, ist der erste Lösungversuch, der nicht von vornherein hoffnungslos unterdimensioniert ist, nämlich kleiner als das Problem, das er beheben will.
Spannbreite des Rettungsschirms nun angemessen

Das gilt einmal für die finanziellen Größenordnungen. Die angepeilte Spannbreite des Rettungsschirms EFSF beträgt jetzt gut eine Billion Euro – oder wie der französische Präsident Sarkozy süffisant Richtung Wall Street meldete, "1,4 Trillionen Dollar". Das bemisst sich endlich nicht mehr nach Griechenlands Wirtschaftsleistung, sondern nach seiner Ansteckungsgefahr. Zum zweiten ist der Ansatz umfassend: Von der akuten Nothilfe über den ständigen Katastrophenschutz bis zur Vertragsänderung zwecks verschärfter Euro-Disziplin ist alles drin. Und drittens verweigert man sich nicht länger der Erkenntnis, dass es sich bei der Sanierung des Währungssystems um eine strategische Aufgabe handelt. Deren Ende wird kaum einer der jetzt Handelnden noch im Amt erleben.
Der Kanzlerin ist zu bescheinigen, dass sie sich "angstfrei" (Merkel) einem Riesen-Problem stellt, das sie als Zwerg nicht erledigen konnte. Ihre roten Linien – Hände weg von der EZB! Herr Ackermann bitte zur Kasse! Vertragsänderung jetzt! – hat sie gehalten. Mit einer wurmstichigen Koalition und misstrauischen Anhängerschaft zuhause, mit sperrigen bis widerstrebenden Partnern in der EU – keine schlechte Leistung.

Weitere Fragen offen

Ob der positive Erst-Eindruck Bestand hat, ist offen. Es hängt von einem Bündel Unwägbarkeiten ab: Besinnen sich die Griechen sich auf ihre nationale Aufgabe? Leisten die Banken den "freiwilligen" Beitrag zur Entschuldung tatsächlich? Ziehen die Anleger beim EFSF-Tuning mit? Merkel und die EU haben getan, was sie konnten. Ob sie getan haben, was nötig war, weiß derzeit noch keiner. Schlag ja, Befreiung Fragezeichen.