Berlin. . Die Wirtschaft soll 2011 um fast drei Prozent wachsen. Für 2012 rechnet die Bundesregierung jedoch mit einer deutlich schwächeren Konjunktur. Von einer Rezession könne jedoch keine Rede sein, versichert Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP).

Die Bundesregierung hält Ängste vor einem Konjunkturabschwung für unbegründet. „Von einer Rezession, die einige herbeireden wollen, kann ausdrücklich nicht die Rede sein“, sagte Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) zur Vorstellung der Herbstprognose der Bundesregierung am Donnerstag in Berlin. Der deutschen Wirtschaft gehe es gut. 2012 soll das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) dennoch langsamer wachsen als noch zu Beginn des Jahres geschätzt.

Die Bundesregierung geht für das kommende Jahr von einem BIP-Anstieg um 1,0 Prozent aus. Diese Prognose übertrifft die Schätzung der vier führenden Wirtschaftsforschungsinstitute, die mit einem BIP-Anstieg um 0,8 Prozent rechnen. Im Frühjahr hatte die Regierung noch ein Plus von 1,8 Prozent vorhergesagt.

In diesem Jahr soll die Wirtschaft dagegen um 2,9 Prozent wachsen, im Vergleich zur Schätzung vom Frühjahr ist das ein Plus von 0,3 Prozentpunkten. Mit der Vorstellung der Prognose verkündete Rösler gemeinsam mit Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), die Einkommenssteuern ab 2013 senken zu wollen. Die Ermäßigungen sollen zwischen sechs und sieben Milliarden Euro liegen.

Exportwachstum soll deutlich schrumpfen

Getragen werde das Wachstum im Wesentlichen von der Inlandsnachfrage, erklärte Rösler. Die wiederum baue auf eine positive Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt. Die Arbeitslosenzahl bleibe in diesem Jahr im Schnitt unter der Drei-Millionen-Marke. Die verfügbaren Einkommen der privaten Haushalte sollen 2011 um 3,2 Prozent zulegen, für 2012 rechnet die Regierung mit einem Plus von 2,9 Prozent. Beide Jahre zusammengenommen wäre das der höchste Anstieg seit der Wiedervereinigung.

Das Expansionstempo der Wirtschaft habe sich dennoch verlangsamt, sagte der Minister weiter. Grund dafür sei die mit der europäischen Schuldenkrise einhergehende, zunehmende Verunsicherung in vielen Ländern. In Folge dessen habe sich auch das Wachstumstempo der Weltwirtschaft merklich abgekühlt. Diese schwächere Entwicklung mache sich zu allererst bei den Exporten bemerkbar, sagte Rösler. Die Ausfuhren sollen in diesem Jahr zwar um 7,5 Prozent zulegen, im kommenden Jahr dann aber nur noch um 3,5 Prozent steigen.

Rasches Handeln der Politik gefordert

Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) warnte in seinem Konjunkturreport jedoch deutlich vor der „explodierenden Staatsverschuldung in Kombination mit weiterhin labilen Finanzmärkten“. Diese „externen Schocks“ könnten eine im Kern gesunde Realwirtschaft nach unten ziehen, sagte BDI-Hauptgeschäftsführer Markus Kerber. Um das Vertrauen der Märkte langfristig zurück zu gewinnen und negative Auswirkungen auf die Realwirtschaft zu verhindern, müsse sich Europa zu einer neuen Finanzarchitektur aufraffen.

Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) sieht weiter Risiken für die Realwirtschaft, sollte die Regierung nicht entschieden handeln. „Die Eurokrise muss durch eine Entmachtung der Ratingagenturen und durch die Entkoppelung der Staatsfinanzierung von den Finanzmärkten dauerhaft gelöst werden“, sagte DGB-Vorstandsmitglied Claus Matecki. „Ohne effiziente Maßnahmen, die den Spekulationen gegen die Gemeinschaftswährung endlich wirksam einen Riegel vorschieben, droht der Realwirtschaft, wie schon nach 2008, erneut ernsthafte Gefahr.“ (dapd)