Paris. . Die beiden deutschen Branchenriesen Thyssen-Krupp und Salzgitter haben bereits die Produktion gedrosselt. Arcelor-Mittal, die weltweite Nummer eins, schaltete Hochöfen in Eisenhüttenstadt, Frankreich und Luxemburg ab. Auch der Duisburger Stahlhändler KlöCo berichtete von einer gedämpften Nachfrage der Kunden.
Die Zurückhaltung der Händler und Stahlverarbeiter spiegele sich in den Auftragseingängen der Hersteller wider, berichtete der deutsche Branchen-Präsident Hans Jürgen Kerkhoff beim Welt-Stahl-Kongress in Paris. Nach einem starken Jahresbeginn verzeichne die Branche nun eine Abschwächung.
Thyssen-Krupp-Chef Heinrich Hiesinger erklärte in Paris, erst wenn sich eine Lösung der Finanzmarktkrise in Europa abzeichne, sei es möglich, eine verlässliche Prognose für die weitere Entwicklung auf den Kernmärkten des Konzerns zu geben. Hiesinger äußerte die Hoffnung, dass es der europäischen Politik rasch gelingen werde, den Unsicherheiten auf den Finanzmärkten entschieden zu begegnen.
Salzgitter-Chef Jörg Fuhrmann warnte vor „Panikmache“. Er habe die Sorge, dass „die Konjunktur kaputtgeredet wird“. Fuhrmann betonte zugleich: „Wir sind auf nahezu jede denkbare Entwicklung vorbereitet.“
Auch Branchen-Präsident Kerkhoff demonstrierte Gelassenheit: „Eine Rezession, geschweige denn ein Absturz wie im Herbst 2008, ist unwahrscheinlich.“ Viel spreche dafür, dass es sich bei der gegenwärtigen Entwicklung in der Branche um „einen vorübergehenden Dämpfer“ handele, der 2012 wieder überwunden werde. Zur Begründung verwies Kerkhoff auf die gute Auftragslage in der Autoindustrie und im Maschinenbau.
Stahlkonjunktur hat große Auswirkungen auf das Ruhrgebiet
Ohnehin war der deutsche Stahlmarkt in diesem Jahr durch eine hohe Dynamik gekennzeichnet. Auch im September produzierten die Stahlkonzerne rund zehn Prozent mehr als im vergleichbaren Vorjahresmonat. Der Branchenverband rechnet nach wie vor damit, dass die Hersteller am Ende des Jahres rund 45,5 Millionen Tonnen Stahl in Deutschland erzeugt haben werden – 1,7 Millionen Tonnen mehr als im Vorjahr.
Wie sich die Stahlkonjunktur entwickelt, hat große Bedeutung für das Ruhrgebiet und insbesondere Duisburg, Europas größten Stahlstandort. Alleine hier beschäftigen die Stahlhersteller Thyssen-Krupp, HKM und Arcelor-Mittal etwa 16 000 Mitarbeiter. Rund 90 000 Jobs zählt die Branche bundesweit. Er erwarte eine stabile Job-Entwicklung, sagte Kerkhoff. Der internationale Stahlverband geht davon aus, dass die weltweite Produktion im kommenden Jahr um 5,4 Prozent steigen wird, wobei China der Treiber der Entwicklung bleibt. Für den deutschen Markt rechne er mit einem „moderaten Wachstum“, so Kerkhoff. „Eine Trendumkehr ist nicht zu erkennen.“ Allerdings seien die „Risiken naturgemäß groß“.
Auch die Energie- und Klimapolitik stelle die Industrie vor neue Herausforderungen, sagte Kerkhoff. Komme es zu steigenden Strompreisen oder Netzausfällen, sei die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Stahlindustrie bedroht. Die Branche könne aber auch von der Energiewende profitieren. „Windanlagen bestehen zu mehr als 80 Prozent aus Stahl“, sagte Kerkhoff.