Ankara. . Der türkische Premierminister Recep Tayyip Erdogan hat im Staatsfernsehen deutsche Unternehmen und Stiftungen beschuldigt: Seinen Worten nach sollen sie die Kurden-Organisation PKK, gegen die die Türkei kämpft, mit Milliarden unterstützt haben.
Nach den Übergriffen von PKK-Milizen am Dienstag auf türkische Sicherheitskräfte und Soldaten, denen 24 Soldaten und Polizisten zum Opfer fielen, marschierten türkische Streitkräfte weiter in den Nordirak. Der türkische Staatssender TRT strahlte zu diesem Thema am Mittwochabend, zur besten Sendezeit, eine Sendung mit dem Namen „Büyük Takip“ (Die große Verfolgung) aus. Darin beschuldigt der türkische Premier offen und unmissverständlich hochrangige deutsche Führungspersönlichkeiten und Stiftungen die blutigen Auseinandersetzungen zu finanzieren.
Erdogan nennt zwar keine Namen und überlässt diese Aufgabe den türkischen Medien („Ihr bekommt schon heraus von wem ich rede“), doch werden seine Wortbeiträge, die bei einer Pressekonferenz gefilmt wurden, von TRT mit Bildern vom deutschen Bundestag und deutschen Polizisten während einer kurdischen Demonstration in Berlin, untermauert. .Erdogans aussagen zufolge seien aus Deutschland Milliarden in den Osten der Türkei geflossen, vornehmlich in Stadtkassen, in denen die BDP (kurdische Partei und Parlamentsfraktion) den Bürgermeister stellten. Mit diesen Geldern würden dann die Terroristen in den Bergen finanziert.
PKK bekannte sich zum Angriff auf Türken
Nach der Tötung von mehr als 20 Soldaten durch kurdische Rebellen hat die türkische Armee am Mittwoch mutmaßliche Stellungen der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) im Nordirak angegriffen. Die Luftwaffe flog unter anderem Angriffe in den Kandil-Bergen, die als Hauptrückzugsgebiet der Rebellen gelten. Die PKK bekannte sich zu dem Angriff auf die türkischen Soldaten vom Vortag.
Laut Regierungschef Recep Tayyip Erdogan waren im Nordirak auch türkische Bodentruppen im Einsatz. Elitetruppen hätten auf der Jagd nach den Angreifern die Grenze überschritten, „wie das Völkerrecht es gestattet“. Er sprach außerdem von „großangelegten Operationen“ gegen PKK-Kämpfer an der Grenze.
„Fürchterliche Rache“ angekündigt
Präsident Abdullah Gül kündigte „fürchterliche Rache“ für die getöteten Soldaten an. „Wir werden bis zum Ende gegen den Terrorismus kämpfen.“ Generalstabschef Necdet Özel und führende Militärkommandeure begaben sich Gül zufolge ins Kampfgebiet. Die Türkei, die EU und die USA stufen die PKK als Terrororganisation ein.
Die PKK-nahe Nachrichtenagentur Firat meldete, türkische Kommandoeinheiten von der Größe eines Bataillons - also mehr als 600 Soldaten - hätten die Grenze überquert. In türkischen Medienberichten hieß es, die Soldaten seien bis zu vier Kilometer auf irakisches Gebiet vorgestoßen. Sondereinheiten seien mit dem Hubschrauber hinter die Grenze gebracht worden.
24 türkische Soldaten getötet
Am Dienstagabend hatten kurdische Rebellen bei mehreren gleichzeitigen Angriffen auf türkische Militärposten an der Grenze zum Irak nach neuen amtlichen Angaben 24 Soldaten getötet. 18 Soldaten wurden demnach verletzt, von denen mindestens einer in Lebensgefahr schwebte. Die Attacken ereigneten sich in den Ortschaften Cukurca und Yüksekova in der Provinz Hakkari.
Die PKK bekannte sich am Mittwoch zu dem Angriff. Es habe sich um einen Gegenschlag gegen türkische Luftangriffe auf PKK-Stellungen im Irak sowie die Festnahme hunderter kurdischer Politiker in der Türkei gehandelt, berichtete Firat. Bei den Kämpfen im Grenzgebiet seien zudem etwa hundert türkische Sicherheitskräfte getötet oder verletzt worden, berichtete die Agentur. Türkische Medien berichteten von 23 getöteten PKK-Kämpfern.
Angesichts des türkischen Einmarschs in den Nordirak drohte die PKK der Türkei mit Vergeltung. „Die türkische Armee wird noch härter getroffen, sollte sie versuchen, Militäroperationen außerhalb der türkischen Grenzen zu führen“, sagte PKK-Sprecher Ahmed Denis AFP.
NATO verurteilt kurdische Angriffe
Beobachtern zufolge erlitt die türkische Armee bei den Attacken die zweitschwersten Verluste, seitdem die PKK im Jahr 1984 den bewaffneten Kampf gegen die Türkei aufnahm. 1993 hatten die Rebellen 33 Soldaten getötet. Ebenfalls am Dienstag waren im Südosten der Türkei fünf Polizisten und vier Zivilisten getötet worden. Der Angriff in Bitlis wurde kurdischen Rebellen zugeschrieben.
NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen verurteilte entschieden die Angriffe der kurdischen Rebellen und versicherte, das Militärbündnis sei mit Ankara im Anti-Terrorkampf solidarisch. Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) erklärte, die Bundesregierung sehe das Wiederaufflammen des Konflikts mit großer Sorge.
In dem Konflikt starben bislang rund 45.000 Menschen. Die türkische Regierung hatte zuletzt wiederholt mit einem Einmarsch der Armee in den Nordirak gedroht, um dort gegen Stützpunkte kurdischer Rebellen vorzugehen. Zuletzt war die türkische Armee im Februar 2008 mit mehreren tausend Soldaten dort eingerückt. (mit Material von afp)