Washington. . Ein ehemaliger Gebrauchtwagenhändler behauptet, von der Regierung in Teheran angeheuert worden zu sein, um den saudischen Botschafter in Washington umbringen zu lassen. Die USA drohen mit Konsequenzen für den Iran, Teheran bestreitet alles auf Heftigste.
„Aktion Chevrolet“ haben die Fahnder den Fall genannt. Wegen Manssor Arbabsiar. Der 56-Jährige mit dem auffälligen Schmiss an der linken Wange war Gebrauchtwagenhändler in Corpus Christi/Texas. Bevor er offenbar das ganz große Rad drehen wollte.
Glaubt man den US-Sicherheitsbehörden, dann hat der in Untersuchungshaft sitzende Amerikaner iranischer Herkunft die Schlüsselrolle in einem Komplott gespielt, dem der saudi-arabische Botschafter in Washington zum Opfer fallen sollte. Und vielleicht auch ein Stück Weltfrieden.
Der 21-seitigen Anklageschrift nach zu urteilen, sollte Adel Al-Jubeir (49), ein fließend Deutsch sprechender Vertrauter des Königshauses in Riad, in einem Washingtoner Restaurant durch eine von mexikanischen Drogen-Kartell-Killern gezündete Bombe sterben. Auftraggeber? Niemand anders, so US-Justizminister Eric Holder, als die Regierung in Teheran.
Maulwurf eingeschleust
Die Story, die sich laut FBI-Chef Robert Mueller wie ein Hollywood-Thriller liest (und von offizieller Seite Teherans auch inklusive entschiedener Dementis prompt so qualifiziert wurde), geht so: Ein „Maulwurf“ der amerikanischen Drogenfahndung DEA wird im Mai über eine Tante mit einem seltsamen Ansinnen konfrontiert. Ein Mann, Manssor Arbabsiar, suche Kontakt zu einem mexikanischen Drogen-Kartell mit soliden Sprengstoff-Kenntnissen. Der Informant informiert die DEA. Die Agenten geben grünes Licht. Der „Maulwurf“ lässt sich getarnt als Vertreter des üblen Los Zetas-Kartells auf ein Treffen ein. Alles wird abgehört. Arbabsiar kommt schnell zur Sache.
Er bietet 1,5 Millionen Dollar an, wenn vier Killer den saudischen Botschafter umbringen und die israelische Botschaft in Washington und in der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires angreifen. Als lukratives Nebengeschäft bietet er den Mexikanern einen umfangreichen Opium-Transport aus dem Mittleren Osten an. 100 000 Dollar Anzahlung, die er im Sommer bei einer Visite aus Teheran auf ein US-Konto anweist, sollen das Geschäft beschleunigen.
„Es ist nicht Persönliches“
Arbabsiar lässt seine „Partner“ nicht im Unklaren, wer dahinter steckt. „Es ist nichts Persönliches, es geht um Politik, die wollen den Typen tot sehen, und wenn 100 andere mit dabei draufgehen“, zitiert ihn die Anklageschrift, die Arbabsiar unter anderem wegen des versuchten Gebrauchs von Massenvernichtungswaffen für immer hinter Gittern bringen kann. Mit „die“, daran ließ Eric Holder keinen Zweifel, ist das Mullah-Regime von Mahmud Ahmadinedschad gemeint; genauer die „Revolutionären Garden“, noch genauer: die Unterabteilung für Spezialaufträge Al-Kuds.
Arbabsiar wollte Ende September erneut nach Mexiko fliegen, um letzte Details zu klären. Die Behörden dort, längst ins Bild gesetzt von den USA, schickten ihn zurück. Er wurde am 29. September auf dem Kennedy-Flughafen in New York festgenommen.
In Haft mit Verbindungsmann telefoniert
Laut Holder hat er bereits gestanden. Er sei von hochrangigen Vertretern der Al-Kuds-Brigaden in Teheran angeworben, finanziert und instruiert worden. In Untersuchungshaft nahm er mit seinem Verbindungsmann Gholam Shakuri, einschlägig bekannter Terrorhandlanger, Kontakt auf. In dem mitgeschnittenen Gespräch drängte der Al-Kuds-Brigadist darauf, den Mordplan so schnell wie möglich in die Tat umzusetzen.
Eine reale Gefahr, so Holder, bestand indes zu keiner Zeit. Allein, die Absicht, die sei sehr real gewesen. „Es hätten viele Menschen ihr Leben verloren“, so FBI-Chef Mueller.
„Erfundene, haltlose Anschuldigungen“
Teheran wehrt sich seit Bekanntwerden der Attentats-Vorwürfe nach Kräften. Mohammad Khazaee, UN-Botschafter in New York, schrieb Generalsekretär Ban Ki-Moon einen Brief, in dem er sich gegen die „erfundenen, haltlosen Anschuldigen“ stemmt. Die USA wollten nur von innenpolitischen Problemen ablenken, erklärte Ex-Außenminister Larijani, und schreckten deshalb vor dreister Diffamierung nicht zurück.
Langjährige Iran-Kenner sind verblüfft. Nie zuvor habe der staatsterroristischer Umtriebe selten unverdächtige Iran derartiges auf amerikanischem Boden geplant, sagt Rasool Nafis, Experte für die Revolutionären Garden. „Es ist untypisch für sie. Sie hätten zu viel Angst vor Vergeltung.“ Nafis betonte, dass der Iran für blutige Sonderaufträge wiederholt auf die im Libanon ansässige Hisbollah-Milizen zurückgegriffen hat, um sich nicht selber die Finger schmutzig zu machen.
Roya Hakakian, Autorin eines Buches über die nachgewiesenermaßen vom Iran orchestrierten Attentate 1992 in Berlin, hält dagegen. Sie erinnerte daran, dass die Killer es seinerzeit auch auf den Botschafter Saudi-Arabiens in Schweden abgesehen haben sollen.
Am Tiefpunkt angelangt
Die diplomatischen Beziehungen zwischen Teheran und Washington sind unterdessen an einem neuen Tiefpunkt angekommen. Außenministerin Hillary Clinton und Präsident Barack Obama stellten fest, dass der Iran eine rote Linie überschritten habe und dafür zur Rechenschaft gezogen wird – etwa durch weitere Wirtschaftssanktionen.
In einem ersten Schritt fror das US-Finanzministerium die Konten mehrerer an den Attentatsplänen beteiligter Personen ein. Darunter auch das des Gebrauchtwagenhändlers. Zeitgleich wurden die Sicherheitsvorkehrungen weltweit hochgefahren. Amerika rechnet auf Sicht mit einem noch aggressiveren Iran.