München. Gabriele Pauli räumt auf: Die Parteichefin der Freien Union hat ihre Stellvertreter Sabrina Olsson und Michael Meier ihrer Ämter enthoben. Vorausgegangen war ein Streit um mögliche Neuwahlen für den Bundesvorstand. Pauli ist dafür, Olsson und Meier hatten dagegen protestiert.

Turbulente Zeiten für Gabriele Paulis Freie Union (FU): Nach den Querelen im bayerischen und im hessischen Landesverband hat der parteiinterne Personalstreit jetzt einen neuen Höhepunkt erreicht. FU-Bundeschefin Pauli teilte mit, ihre Stellvertreter Sabrina Olsson und Michael Meier seien mit sofortiger Wirkung ihrer Ämter enthoben worden, da sie die Aufbauarbeit der Partei «extrem zu behindern versucht» hätten. Olsson und Meier wiederum werfen der Ex-CSU-Politikerin undemokratisches Verhalten vor und stellen die Rechtmäßigkeit ihrer Amtsenthebung in Frage.

"An den Ruf der Freien Union denken"

Pauli, die erst vor fünf Wochen selbst aus der bayerischen Landtagsfraktion der Freien Wähler ausgeschlossen worden war, begründete die Amtsenthebung ihrer beiden Stellvertreter mit dem Wohl der Partei. «Wir müssen jetzt an den Ruf der Freien Union denken und auch die wieder ausschließen, die die großartige Leistung vieler Mitglieder unterlaufen», teilte sie am späten Sonntagabend mit.

Hintergrund des Zerwürfnisses zwischen der Parteichefin und den beiden Stellvertretern ist die Frage, ob die Freie Union bei ihrem Parteitag am 9. August den erst am 21. Juni gewählten Bundesvorstand neu bestimmen soll. Pauli verlangt eine Neuwahl, da seit der Gründung in allen 16 Bundesländern Landesverbände entstanden seien. Ein neuer Bundesvorstand solle die regionale Ausgewogenheit widerspiegeln. «Momentan sind von 16 Vorstandspositionen 13 durch bayerische Mitglieder besetzt», sagte die frühere Fürther Landrätin.

Nicht die erste Personalquerele

Olsson verweist darauf, dass der Bundesvorstand eine Neuwahl per Beschluss abgelehnt habe: «Kernpunkt des Streits ist, dass hier nicht nur einer Entscheidungen fällt - ohne Beschluss, im stillen Kämmerlein -, sondern eine Bundespartei.» Gerade die Freie Union habe sich «doch Demokratie auf die Fahnen geschrieben». Dazu gehöre auch, «dass man Beschlüsse akzeptiert». Vielleicht müsse Pauli «das noch üben».

Dem jüngsten Streit im Bundesvorstand gingen in den vergangenen zwei Wochen bereits andere Personalquerelen voraus. Zunächst gab es Wirbel im bayerischen FU-Landesverband: Nach ddp-Berichten über Neonazi-Vorwürfe gegen Landesschatzmeister Bodo Sobik, der im vergangenen Jahr auf der NPD-Tarnliste «Bürgerinitiative Ausländerstopp München» (BIA) kandidiert hatte, kündigte Pauli ein Ausschlussverfahren an. Einige Tage später verließ Sobik selbst die Partei und kam damit einem Rauswurf zuvor.

Amtsenthebung unrechtmäßig?

Kurz darauf legte auch der hessische FU-Vize Karl von Zeretzke nach innerparteilichen Querelen sein Amt nieder. Hintergrund des Streits waren angebliche Pläne Zeretzkes zum Sturz Paulis. Auch er kam nach Parteiangaben mit diesem Schritt einem formellen Ausschlussverfahren zuvor.

Auch im Fall ihrer beiden Stellvertreter hatte Pauli nach Olssons Darstellung zunächst auf einen freiwilligen Rückzug gedrängt. Pauli habe ihr sogar eine Frist für ihren Rücktritt gesetzt, sagte Olsson. Für die Amtsenthebung gebe es keine rechtliche Grundlage. Pauli könne nicht eigenmächtig gewählte Parteifunktionäre rauswerfen und damit Beschlüsse des Gründungsparteitags aufheben: «Wir leben nicht mehr im Königreich.»

Droht ein Parteiausschlussverfahren?

Pauli aber verweist auf die Satzung, die eine Amtsenthebung in dringenden Fällen möglich mache. Und einen solchen Fall sehe sie «absolut» gegeben. Auch den Vorwurf einer undemokratischen Entscheidung wies sie zurück: Wenn sie den gesamten Bundesvorstand neu wählen lassen wolle, gehe es doch gerade um Demokratie.

Die FU-Chefin hält nun sogar ein Parteiausschlussverfahren gegen die beiden Stellvertreter für möglich: «Da gibt's triftige Gründe, diesen Gedanken weiterzuführen.» Olsson will sich dennoch nicht entmutigen lassen und vor ein Schiedsgericht ziehen. Die Freie Union steht damit möglicherweise nach wenigen Wochen bereits am Scheideweg. (ddp)