Gera. .

Im Dezember 2010 starb ein Bundeswehrsoldat in Afghanistan durch die Waffe eines Kollegen. War es ein technisches Problem? Oder hat Patrick S. mit der Waffe herumgespielt? Es ist nicht einfach, die Wahrheit herauszufinden.

Der wegen eines tödlichen Schießunfalls in einem Bundeswehr-Camp in Afghanistan angeklagte ehemalige Soldat hat einen fahrlässigen Umgang mit seiner Waffe bestritten. Zum Prozessauftakt am Mittwoch vor dem Geraer Landgericht sagte der 21 Jahre alte Mann aus, dass ein klemmendes Magazin Auslöser des Unfalls gewesen sei. Zeugen bezweifelten die Version und sagten aus, dass es trotz eines Verbots in dem Camp Waffenspiele gegeben habe.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem aus Jena stammende Ex-Soldaten fahrlässige Tötung und Ungehorsam in einem besonders schweren Fall vor. Der Mann soll die Pistole gezielt auf den Kopf des Kameraden gerichtet habe, bevor sich die Kugel versehentlich löste. Die Anklagebehörde stützt sich auf Zeugenaussagen und ein Gutachten, wonach eine Fehlfunktion der Waffe ausgeschlossen werden kann. Bei dem Vorfall im Dezember 2010 war in einem Außenposten nördlich des Regionalen Wiederaufbauteams (PRT) Pol-i Khomri ein 21-jähriger Soldat, der im bayerischen Bischofswiesen stationiert war, in den Kopf getroffen worden.

Angeklagter sagte, das Magazin habe geklemmt

Der Angeklagte sagte aus, der tödliche Schuss habe sich gelöst, nachdem er auf den Magazinboden geschlagen habe, weil das Magazin klemmte. Nach dem Schuss habe er seine Waffe aufs Bett geworfen und sei dem Verwundeten zur Hilfe geeilt. Seine Kameraden hätten ihn jedoch aus dem Zelt geschickt. Die Funktionstüchtigkeit der Waffe habe er erst wenige Minuten vor dem Unfall beim Reinigen überprüft.

Zugleich bestritt der Angeklagte vehement, mit der Pistole vom Typ P 8 gespielt zu haben. Er habe die Waffe in Richtung Tür gehalten. Dass das spätere Opfer gerade hereinkam, habe er nicht bewusst wahrgenommen. „Ich habe mich auf meine Waffe konzentriert.“ Zum Zeitpunkt des Unglücks sei er bereits zwei Monate in dem Camp und sehr angespannt gewesen, weil er am nächsten Tag zu einer Mission ausrücken sollte, sagte der Angeklagte aus. Ferner habe es die Anweisung gegeben, sich in dem Feldlager stets mit eingelegtem Magazin zu bewegen.

„Unglaublicher Knall“ im Zelt

Ein 20 Jahre alter Ex-Soldat sagte als Zeuge aus, der heute Angeklagte habe die Waffe damals in Richtung des Kameraden gehalten und auf dessen Kopf gezielt. „Es gab einen unglaublichen Knall und Nebel im Zelt.“ Dann sei der Schütze mit bleichem Gesicht zu seinem Bett gegangen und habe seine Waffe abgelegt. Ein anderer habe laut geschrien. Der Zeuge sagte weiter aus, er habe nicht bemerkt, dass der beschuldigte Kamerad zuvor auf den Magazinboden seiner Waffe geschlagen habe. „Ich bin mir sehr sicher, dass der laute Schlag auf den Magazinboden nicht stattgefunden hat“, versicherte der 20-Jährige mit Blick auf die Aussage des Angeklagten.

Nach Ansicht des Zeugen kann sich ein Schuss nicht einfach so lösen. „Der löst sich nur, wenn ich abdrücke.“ Wenn die Waffen gepflegt werden, seien sie sehr zuverlässig. Darüber hinaus habe es die Anweisung gegeben, bei Schwierigkeiten mit der Waffe nicht mit Gewalt nachzuhelfen. Die Waffe sollte gesichert und das Magazin herausgenommen werden und danach entladen werden. Der 20-Jährige sagte aber auch, dass man den Respekt vor der Waffe durch das ständige Tragen verliere. Es habe Vorschriften gegeben, die den spielerischen Umgang mit der Waffe verbieten. Dennoch sei es zu Pistolenspielen gekommen. Einmal habe er auch den jetzt Angeklagten auf einen unsachgemäßen Gebrauch aufmerksam gemacht.

Auch ein zweiter Zeuge räumte ein, dass es spielerischen Umgang mit Waffen gegeben habe. Zudem seien in Deutschland sogenannte Poserfotos gemacht worden, auf denen Soldaten ihre Waffen aufeinander richteten, sagte der 23-Jährige aus. Der Angeklagte war im März aus der Armee entlassen worden und absolviert derzeit eine Ausbildung als Kfz-Mechatroniker. Der Prozess soll am 4. Oktober fortgesetzt werden. (afp)