Berlin. . Ökonomen warnen vor einer fehlenden Kanzlermehrheit für das Votum zum Euro-Rettungsschirm. Der FDP-Vorsitzende Philipp Rösler und seine Koalitionspartner geben sich optimistisch. US-Präsident Barack Obama fürchtet die Europa-Krise.

Ökonomen haben kurz vor der entscheidenden Abstimmung im Bundestag über den reformierten Euro-Rettungsschirm (EFSF) vor einem Verfehlen der Kanzlermehrheit gewarnt. „Wenn Angela Merkel wider Erwarten keine eigene Mehrheit für die Reform des Hilfsfonds fände, wären die Investoren beunruhigt“, sagte der Chefvolkswirt der Commerzbank, Jörg Krämer, „Handelsblatt Online“. Dann würde das Risiko steigen, dass die Koalition nicht bis zum Ende der Legislaturperiode durchhalte. Zudem würde das Lager derjenigen gestärkt, die gegen Hilfen für die Peripherieländern seien.

Ähnlich äußerte sich auch der Chef des gewerkschaftsnahen IMK-Instituts, Gustav Horn: „Kommt die Mehrheit nicht zustande, keimt die Frage auf, wie es in Deutschland politisch weitergeht“. Diese Ungewissheit werde sich auf den Märkten dann in entsprechenden Zinsaufschlägen zeigen. DIW-Konjunkturchef Ferdinand Fichtner sagte: „Verweigern aber die Parlamentarier der Regierungsparteien Frau Merkel die Gefolgschaft, so dürfte das von den Kapitalmärkten als Zeichen für die Schwäche der Kanzlerin - zumindest in europapolitischen Fragen - verstanden werden“, sagte Fichtner.

Rösler rechnet mit eigener Mehrheit

Der FDP-Vorsitzende Philipp Rösler zeigt sich zuversichtlich: Er rechnet bei der Bundestagsabstimmung über die Erweiterung des provisorischen Euro-Rettungsschirms EFSF mit einer eigenen Mehrheit der Koalition. „Wer die Stabilität der Euroländer will, der muss für den erweiterten Rettungsfonds eintreten“, sagte Rösler der „Bild“-Zeitung. „Mit seinen strengen Auflagen ist er auch ein wichtiger Schritt in Richtung Stabilitätsunion.“

Rösler sagte, in der FDP sei die Zahl der Rettungsfonds-Befürworter gestiegen. Es gebe nur noch wenige Gegner. „Ich gehe davon aus, dass dies auch unserem Koalitionspartner gelingt“, sagte er. „Die Koalition wird halten und am Ende wird eine eigene Mehrheit stehen.“

Der CSU-Politiker Peter Gauweiler erwartet, dass mit ihm nur wenige Unions-Abgeordnete am Donnerstag gegen den Euro-Rettungsschirm stimmen werden. „Ich glaube nicht, dass die Kanzlermehrheit gefährdet ist“, sagte Gauweiler der „Augsburger Allgemeinen“. Er rechne mit deutlich weniger als 20 Gegenstimmen in der Koalition.

Gauweiler bekräftigte seine Ablehnung des Gesetzesentwurfs. „Die Koalition muss aufhören, Fässer ohne Boden mit Rettungsschirmen zu verwechseln, sonst macht sie sich selbst den Garaus“, sagte er und forderte anstelle neuer Bürgschaften eine Staatsinsolvenz für Griechenland. „Ein Schuldenschnitt wäre für das Land heilsamer als die geplante Erweiterung des Rettungsschirms“, sagte er.

Auch Union will zustimmen

Unions-Fraktionsvize Michael Fuchs rechnet mit einer eindeutigen Mehrheit bei der Abstimmung über den Euro-Rettungsschirm. Beim Koalitionspartner FDP gebe es nach seiner Kenntnis maximal zwei Abweichler, und in den Unionsparteien seien es auch nicht viele, sagte der CDU-Politiker am Dienstag im ARD-“Morgenmagazin“.

Vom griechischen Ministerpräsidenten Giorgos Papandreou, der sich derzeit zum „Tag der Deutschen Industrie“ in Deutschland aufhält, erwarte er klare Worte, „wie er sein Land wieder wettbewerbsfähig machen will“. Denn nur, wenn Griechenland wettbewerbsfähig sei, werde es in der Lage sein, seine Schulden abzutragen, sagte Fuchs.

Obama fürchtet Krise

Die europäische Schuldenkrise ängstigt laut US-Präsident Barack Obama die ganze Welt. Die Maßnahmen zur Krisenbekämpfung seien von den europäischen Entscheidungsträgern nicht rasch genug ergriffen worden, sagte Obama bei einer Veranstaltung des Karrierenetzwerks LinkedIn am Montag. Europa habe sich nie vollständig von der Finanzkrise im Jahre 2007 erholt.

Die Schuldenkrise habe sich auf Übersee ausgeweitet und bedrohe auch die US-Wirtschaft. Bei der Veranstaltung verteidigte Obama seine Pläne, Wohlhabende stärker zur Kasse zu bitten. Er wolle die Reichen nicht schröpfen, sondern zu Einkommenssteuersätzen der 90er Jahre zurückkehren: „Damals wurden die Reichen reicher. Die Mittelschicht wurde größer. Menschen kamen aus der Armut.“ (rtr/dapd/ap)