New York. . Palästinenserpräsident Mahmud Abbas hat seine Ankündigung wahr gemacht: Er reichte bei der Uno einen Antrag auf Vollmitgliedschaft eines Palästineserstaates ein. In seiner Rede nannte Abbas die jüdische Siedlungen als größtes Hindernis für Frieden.
Palästinenserpräsident Mahmud Abbas hat bei seiner Rede vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen am Freitag die jüdischen Siedlungen in den besetzten Gebieten als größtes Hindernis für den Friedensprozess mit Israel bezeichnet. Sollte der Siedlungsbau auf von den Palästinensern beanspruchtem Land fortgesetzt werden, könnte seine Regierung scheitern, warnte Abbas.
Zu Beginn seiner lang erwarteten Rede hatten die Delegierten den palästinensischen Präsidenten mit Applaus und Pfiffen im Plenum der UN begrüßt. Kurz zuvor hatte Abbas offiziell einen Antrag auf Vollmitgliedschaft Palästinas bei den Vereinten Nationen gestellt. Er überreichte ein entsprechendes Gesuch an UN-Generalsekretär Ban Ki Moon.
In einem Begleitschreiben bat Abbas Ban, den Antrag umgehend an den Weltsicherheitsrat und die UN-Vollversammlung weiterzuleiten, wie ein palästinensischer Gewährsmann vorab sagte. Eine Entscheidung des Sicherheitsrats wird in einigen Wochen oder Monaten erwartet. Die USA haben bereits ihr Veto in dem höchsten UN-Gremium angekündigt.
Israel „bedauert“ Antrag
Solange weitere Siedlungen in den palästinensischen Autonomiegebieten gebaut würden, seien Verhandlungen mit Israel bedeutungslos, sagte Abbas vor der UN-Vollversammlung. „Diese Politik ist dafür verantwortlich, dass die andauernden internationalen Versuche zur Rettung des Friedensprozesses immer wieder scheitern“, sagte Abbas. „Die Siedlungspolitik bedroht auch die Struktur der palästinensischen Autonomiebehörde und könnte sie letztlich sogar zu Fall bringen.“
Die israelische Regierung erklärte, sie „bedauere“ den Antrag auf Anerkennung eines Palästinenserstaats durch die UNO. Der Sprecher von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, Gidi Schmerling, sagte, der einzige Weg zu einem palästinensischen Staat und einem „wirklichen Frieden“ führe „über Verhandlungen und nicht über einseitige Schritte“.
Kaum Chancen
Bis zuletzt hatten Diplomaten aus den USA und Europa Abbas davon abzubringen versucht, einen offiziellen Antrag auf UN-Mitgliedschaft zu stellen. Sie hatten stets betont, dass ein Frieden nur in direkten Verhandlungen zwischen den Palästinensern und Israel zu erreichen sei. Abbas hatte sich jedoch geweigert, vor einen Ende des Siedlungsbaus an den Verhandlungstisch zurückzukehren.
Der umstrittenen Initiative der Palästinenser werden kaum Chancen eingeräumt. Im UN-Sicherheitsrat müssen mindestens neun der 15 Mitglieder für den Antrag stimmen. Zudem darf keine der fünf Vetomächte dagegen stimmen. Die Vetomacht USA lehnt eine Vollmitgliedschaft der Palästinenser ohne eine Verhandlungslösung mit Israel ab. Deutschland ist derzeit nicht-ständiges Mitglied im UN-Sicherheitsrat und hat sich ebenfalls gegen einen palästinensischen Alleingang ausgesprochen. Sollte der Antrag scheitern, wollen die Palästinenser versuchen, in der UN-Vollversammlung wenigstens einen aufgewerteten Beobachterstatus als Nicht-Mitgliedsstaat zu erreichen.
Gewaltsame Zusammenstöße
Im von Israel besetzten Westjordanland beteiligten sich zehntausende Palästinenser an Freudenkundgebungen parallel zu Abbas’ Auftritt in New York. Die größten Demonstrationen gab es in Ramallah, dem Sitz der Palästinensischen Autonomiebehörde, Nablus, Hebron und Jericho.
Bei gewaltsamen Zusammenstößen im Dorf Kusra bei Nablus zwischen jüdischen Siedlern, Dorfbewohnern und israelischen Soldaten wurde ein Palästinenser getötet. Zusammenstöße gab es auch am Checkpoint Kalandia zwischen Jerusalem und Ramallah, in Ost-Jerusalem sowie in der Nähe jüdischer Siedlungen bei Hebron und Nablus. Israel erhöhte den Alarmzustand auf eine Stufe unterhalb der Höchststufe. Entlang der „grünen Linie“ zwischen Israel und dem Westjordanland waren 22. 000 Polizisten im Einsatz. (dapd/afp)