Brüssel. . Seit heute dürfen keine 60-Watt-Glühbirnen mehr in den Handel gebracht werden. Wer trägt dafür eigentlich die politische Verantwortung? Wie das Beispiel zeigt, sind es nicht immer die gern gescholtenen Brüsseler Bürokraten.

Im letzten Europawahlkampf im Frühsommer 2009 war die Birne der große Renner. “Das Glühbirnen-Verbot bedeutet Entmündigung”, wetterte die FDP-Spitzenkandidatin Silvana Koch-Mehrin mit großem Erfolg und einer noch größeren Portion Heuchelei.

Denn die Vorstellung, dass da mal wieder durchgeknallte EU-Bürokraten in ihren Amtsstuben seelenruhig ein altvertrautes Gebrauchsgut des Bürgers ins Paragraphen-Säurebad befördert hätten, ist irrig. Die Bürokratie gibt es, jawohl. Sie wird aber im Normalfall von Demokraten in Marsch gesetzt – darunter oft die FDP von Frau Koch-Mehrin. So auch im Falle der Birne, dem Paradebeispiel für Schwachsinn Marke Brüssel.

Europaparlament stimmt Merkels Vorschlag zu

Wer also hat Schuld, dass dieses gute, alte Leuchtmittel nun aus dem Verkehr gezogen wird? Angela Merkel. Unter dem Vorsitz der Kanzlerin beschloss nämlich ein EU-Gipfel im März 2007 einen Aktionsplan, mit dem die EU ihre ehrgeizigen Klimaschutz-Ziele erreichen wollte. Energie sparen, CO2 reduzieren – das war das Motto der Stunde. Die Kanzlerin war stolz, die Kollegen zu ganz konkreten Schritten animiert zu haben. Als Beispiel für das Einsparpotenzial im Haus Jedermann nannte sie ausdrücklich: die Glühbirne. Der Beifall war allgemein.

Das war der Startschuss, endlich ernst zu machen mit einer schon 2005 verabschiedeten “Stromfresser-Richtlinie”, in der das Ende der Glühfaden-Technologie bereits ins Auge gefasst worden war. Das EU-Parlament stimmte mit großer Mehrheit zu und forderte die Kommission auf, zügig Details auszuarbeiten. So geschah es. Die EU-Exekutive beriet wie üblich mit Experten und Branchen-Vertretern und legte den Vorschlag einer “Durchführungsmaßnahme” vor.

Populistisch: Koch-Mehrin wollte Verbot stoppen

Im Dezember 2008 verständigte sich die Kommission mit Fachleuten der Mitgliedstaaten im “Regelungsausschuss” auf einen genauen Ablaufplan für den langen Abschied von der Glühbirne. Die wurde im übrigen nicht verboten, sondern Anforderungen an den Wirkungsgrad unterworfen, die Edisons Kugel nicht schafft. Das Parlament (Demokratie) hätte die Vorschrift (Bürokratie) durchaus noch stoppen können. Ein entsprechender Vorstoß fand aber im Februar 2009 nicht einmal im Umweltausschuss eine Mehrheit.

Der Rest ist sozusagen Silvana: Wahlkampf, Populismus und das Märchen vom Hinterzimmer der Bürokraten. Noch im letzten Dezember, pünktlich zu Weihnachten, forderte Koch-Mehrin, das Glühbirnen-Verbot zu stoppen: Die Energie-Sparlampen seien zu gefährlich, weil bei Bruch Quecksilber austritt. Auch daraus wurde nichts. Nachtrag: Die Abgeordneten der FDP stimmten im Europa-Parlament seinerzeit geschlossen für das Ende der Birne. Bis auf Silvana Koch-Mehrin. Die war nicht anwesend.