Paris. . Deutschland und Frankreich fordern Strafen für Euro-Defizitsünder. Die Gelder aus Strukturfonds sollen derweil gestoppt werden. Die FDP zeigt sich sehr zufrieden mit den Vorschlägen von Merkel und Sarkozy und fordert eine rasche Umsetzung.
Einen Tag nach ihrem Gipfeltreffen in Paris haben der französische Präsident Nicolas Sarkozy und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) Strafen für Defizitsünder der Euro-Zone gefordert. In einem Brief an EU-Ratspräsident Herman van Rompuy schlugen Merkel und Sarkozy am Mittwoch vor, Auszahlungen aus dem für ärmere Regionen bestimmten Strukturfonds zu stoppen, wenn die Empfängerländer „sich nicht an die Empfehlungen im Rahmen des Defizitverfahrens halten“. Diese Änderung solle in den neuen Verordnungen des Struktur- und Kohäsionsfonds umgesetzt werden.
Mit dem milliardenschweren Struktur- und Kohäsionsfonds fördert die EU Wachstum und Beschäftigung in den schwächer entwickelten Regionen. Die deutsch-französische Initiative bezieht sich nur auf die 17 Mitglieder der Euro-Zone.
Vorschlag zur Finanztransaktionssteuer
In dem Brief schlagen Merkel und Sarkozy - wie am Dienstag bereits angekündigt - Van Rompuy als Präsidenten einer Wirtschaftsregierung der Euro-Zone für die nächsten zweieinhalb Jahre vor. Die Staats- und Regierungschefs des Euro-Raums sollen sich zweimal im Jahr treffen, wenn nötig auch öfter. Daneben gibt der Brief die Forderung nach einer Schuldenbremse in den Verfassungen der Euro-Staaten wider.
Die Finanzminister beider Länder sollen bis Ende September einen Vorschlag zur Finanztransaktionssteuer vorlegen, die jeden einzelnen Handel fast aller Finanzprodukte belasten soll. Außerdem sollen die Finanzminister Vorschläge für eine Vereinheitlichung der Unternehmenssteuer beider Länder präsentieren. Merkel hatte bereits am Dienstag versichert, dass sich dadurch für die deutschen Unternehmen nichts verschlechtere.
FDP mit Vorschlägen Merkels und Sarkozys zur Schuldenkrise zufrieden
Die Ergebnisse des Treffens von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Staatschef Nicolas Sarkozy zur Euro-Krise sind in Deutschland unterschiedlich bewertet worden. Während sich führende Politiker von Union und FDP zufrieden äußerten, kritisierten SPD und Grüne die Vorschläge Merkels und Sarkozys als unzureichend. Die Linke äußerte Bedenken gegen die angestrebte Wirtschaftsregierung für die Eurozone.
FDP-Generalsekretär Christian Lindner begrüßte in Berlin den Vorschlag von Merkel und Sarkozy zur Schaffung einer gemeinsamen Wirtschaftsregierung im Euroraum. Eine solche dürfe sich allerdings nicht mit den finanzpolitischen Details, sondern nur mit den „großen makro-ökonomischen Fragen“ befassen.
Auch der parlamentarische Geschäftsführer der Unions-Bundestagsfraktion, Peter Altmaier, lobte die Ergebnisse des Treffens. „Die Kanzlerin hat einen historischen Durchbruch für eine stabile Zukunft Europas erreicht“, sagte er der „Rheinischen Post“ vom Mittwoch. Der CDU-Sozialexperte Armin Laschet wertete im SWR die geplante Wirtschaftsregierung als „sehr wichtiges Signal“.
SPD und Grüne kritisieren Gipfelergebnisse als unzureichend
SPD-Chef Frank-Walter Steinmeier sagte der ARD, die Vorschläge zur Schaffung einer Wirtschaftsregierung im Euroraum seien „der richtige Weg“. Allerdings seien die Empfehlungen Merkels und Sarkozys „keine Lösung“ der derzeitigen Schuldenkrise. „Fatal“ sei vor allem, dass beide vor ihrem Treffen vereinbart hätten, nicht über die Frage der Ausgabe von Eurobonds zu sprechen - also über gemeinsame Staatsanleihen der Euro-Staaten. Merkel habe hier ein Zugeständnis an die FDP gemacht, um den Koalitionsfrieden zu wahren.
Auch SPD-Parlamentsgeschäftsführer Thomas Oppermann sagte der „Rheinischen Post“, Eurobonds gehörten zu einem „Gesamtmix aus intelligenten Maßnahmen“ zur Krisenbekämpfung. Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin sagte dem RBB, zu Eurobonds gebe es „keine Alternative“. Wer die Spekulation gegen einzelne EU-Staaten eindämmen wolle, müsse dafür sorgen, „dass es künftig europäische Staatsanleihen gibt“. „Natürlich werden sie kommen“, sagte Grünen-Parteichef Cem Özdemir dem Sender N24 zu Eurobonds. Dies müsse nur noch der FDP beigebracht werden.
Lindner behart auf Nein zu Eurobonds
Mehrere Koalitionspolitiker lehnten Eurobonds erneut entschieden ab. Es gebe klare Verabredungen, „dass wir eine Vergemeinschaftung der Risiken, Zinsen und Schulden nicht wollen“, sagte CDU-Präsidiumsmitglied Philipp Mißfelder zu „Spiegel Online“. Der CDU-Haushaltsexperte Norbert Barthle sagte dem Magazin, Eurobonds seien ohne automatische Sanktionsmechanismen „kontraproduktiv“. Auch Lindner beharrte auf dem Nein der FDP zu Eurobonds. Dagegen sagte der Wirtschaftswissenschaftler Peter Bofinger der „Süddeutschen Zeitung“, Eurobonds würden „das System stabilisieren“.
Links-Parteichefin Gesine Lötzsch warnte in Berlin vor einer „Wirtschaftsregierung, die nicht demokratisch legitimiert ist“. Es sei keine Lösung, den Euro zu retten „und dafür die Demokratie und den Sozialstaat aufzugeben“.
Merkel und Sarkozy hatten nach ihrem Treffen in Paris angesichts der europäischen Schuldenkrise eine Wirtschaftsregierung für den Euroraum vorgeschlagen, deren erster Vorsitzender EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy werden solle. Zudem forderten die beiden Politiker Schuldenbremsen in den Verfassungen aller Eurostaaten und eine Steuer auf Finanztransaktionen.
EU-Kommission schließt Euro-Bonds langfristig nicht aus
Die EU-Kommission hat die Einführung von Euro-Bonds und die Aufstockung des Euro-Rettungsfonds EFSF langfristig nicht ausgeschlossen. Euro-Bonds seien ein sehr interessantes und vielversprechendes Mittel hin zu wirtschaftlicher Integration, sagte ein Sprecher am Mittwoch. Doch sie seien nicht die Lösung für die derzeitigen Probleme, und es gebe derzeit auch keinen politischen Konsens in dieser Richtung.
Das Schreiben von Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy lag der Kommission bis Mittag noch nicht vor, daher wollte der Sprecher zu Detailfragen auch nicht weiter Stellung nehmen. (afp/dapd)