Düsseldorf. . Die von SPD, Grünen und CDU geplanten Änderungen im Schulsystem stoßen bei der Opposition im NRW-Landtag auf massive Kritik. Die FDP warnt vor „Einheitsunterricht“, unter dem alle Kinder litten. Rot-Grün und die Union verteidigten den Schulkonsens.

Der Schulkonsens von Rot-Grün und CDU in NRW fällt bei FDP und Linken durch. „Die CDU wird sich eines Tages sagen lassen müssen, dass sie der Einheitsschule mit den Weg bereitet hat“, sagte der FDP-Fraktionsvorsitzende Gerhard Papke am Mittwoch im Düsseldorfer Landtag. Landesregierung und Christdemokraten verteidigten dagegen das ausgehandelte Bildungspaket.

Unter dem „Einheitsunterricht“ in den Klassen 5 und 6 würden „alle Kinder leiden“, warnte der Liberale Papke. Es drohe eine „chaotische Unübersichtlichkeit“. Funktionierende Realschulen und Gymnasien würden von der geplanten Sekundarschule „kannibalisiert“.

Die Linke-Bildungsexpertin Gunhild Böth sprach von einer „Frechheit gegenüber dem Parlament“, da der Landtag von den neuen Schulplänen nur aus der Presse erfahren habe. Der Kompromiss fördere den Streit in den Kommunen. „Das wird noch ein schönes Chaos geben.“ Das Festhalten am gegliederten Schulsystem bezeichnete Böth als „reaktionär“. Dies sei „ein Rückfall ins 19. Jahrhundert“.

Linke empört über Rot-Grün

Sozialdemokraten und Grünen hätten ihre Wahlversprechen gebrochen, rügte Linke-Fraktionschefin Bärbel Beuermann. Statt einer Schule für alle Kinder gebe es einen „feigen und perfiden“ Kompromiss. Leider bleibe es bei einer Aufteilung der Schüler. „Für den Pöbel“ gebe es „kein Abi“, sagte Beuermann sarkastisch. Das als große Reform verkaufte Ergebnis sei „einfach nur irre“.

Rot-Grün und CDU hatten sich am Dienstag darauf geeinigt, 2012 eine sogenannte Sekundarschule für die Klassen 5 bis 10 mit gymnasialen Standards einzuführen. Das gegliederte Schulsystem bleibt bestehen. Die Garantie der Hauptschule in der Verfassung fällt aber weg. Bis 2023 soll das Schulsystem unangetastet bleiben. Damit soll der jahrzehntelange NRW-Schulkonflikt enden.

Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) reagierte gelassen auf die Kritik der beiden kleinen Oppositionsfraktionen. Da die Linkspartei sage, die CDU habe sich durchgesetzt und die FDP sage, Rot-Grün habe sich durchgesetzt, sei offenbar ein guter Kompromiss gefunden worden. Kraft hob die Gesprächsbereitschaft gegenüber FDP und Linken hervor. Sie freue sich auf „lebhafte Debatten“ zur Schulpolitik.

Ein „ehrlicher und tragfähiger Kompromiss“

Der CDU-Fraktionsvorsitzende Karl-Josef Laumann sprach von einem „ehrlichen und tragfähigen Kompromiss“. Ziel sei nun ein „regionaler Konsens“, um den Wettbewerb der Kommunen angesichts sinkender Schülerzahlen zu beenden. Die Einigung bedeute auch eine „Stärkung des Parlamentarismus“, sagte der Christdemokrat.

SPD-Fraktionschef Norbert Römer lobte „die konstruktive Rolle der NRW-CDU“. Der Grünen-Fraktionsvorsitzende Reiner Priggen nannte das Konzept „fair und in der Sache vernünftig“. Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) sagte: „Die Zeit war reif für einen solchen Kompromiss.“

Unterstützung bekamen die „rot-grün-schwarzen“ Schulreformer von den Kommunen. „Dieser Schulkonsens ist wirklich historisch zu nennen“, sagte der Landesvorsitzende des Städtetages, der Wuppertaler Oberbürgermeister Peter Jung (CDU). Die Kommunen bekämen Planungssicherheit für ihre Schulentwicklung.

Keine Abstimmung über Entschließungsantrag

Ein Entschließungsantrag von Rot-Grün und CDU wurde in der Landtagssitzung überraschend ohne Abstimmung an die Ausschüsse überwiesen. Nach der Sommerpause wollen die rot-grüne Minderheitsregierung und die CDU konkrete Gesetzentwürfe zur Novellierung des Schulgesetzes und zur Änderung der Verfassung in den Landtag einbringen.

Die Durchsetzung gilt als sicher. Rot-Grün und CDU stellen 157 der 181 Abgeordneten im Düsseldorfer Landtag. Für die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit reichen 121 Stimmen. (dapd)