Berlin. . Die CDU will statt des dreigliedrigen Schulsystems ein Zwei-Wege-Modell ohne die Hauptschule einführen. In allen Bundesländern soll es künftig nur noch das Gymnasium und die Oberschule geben. Jetzt berät der CDU-Bundesvorstand.

Die CDU-Spitze strebt eine Abschaffung der Hauptschule an. Stattdessen soll es ein Zwei-Wege-Modell mit Gymnasium und Oberschule in allen Ländern geben, wie es in einem Beschlussentwurf heißt, der am Dienstagabend an die Mitglieder des Bundesvorstands verschickt wurde. Das 30-seitige Papier soll am Montag vom Vorstand verabschiedet und nach eingehender Diskussion mit der Basis auf dem Bundesparteitag im November in Leipzig verabschiedet werden. In der Schwesterpartei CSU wurde der Vorstoß erneut zurückgewiesen.

In dem Entwurf schreibt die CDU, derzeit gebe es zu viele Schulformen. „Deshalb treten wir für eine Reduzierung der Schulformen und die Einführung des Zwei-Wege-Modells in allen Ländern ein: Gymnasium und Oberschule“.

CSU wehrt sich gegen den Plan

Bayern und die CSU beharren indes auf dem Erhalt des dreigliedrigen Schulsystems. Kultusminister Ludwig Spaenle sagte in München, die Hauptschule sei für ihn weiter eine wichtige Schulart genauso wie die Realschule und das Gymnasium. Die Vielfalt der Schularten sei entscheidend für die individuelle Förderung.

Diese werde gerade an der Hauptschule, die in Bayern zur sogenannten Mittelschule weiterentwickelt worden sei, beispielhaft in der Berufsorientierung und im Erwerb der Ausbildungsreife praktiziert. Durch Mittelschulverbünde blieben zudem viele Schulstandorte wohnortnah erhalten, sagte der CSU-Politiker.

Kooperationsverbot im Blick

In dem Entwurf strebt die CDU zudem „bundeseinheitliche Bildungsstandards“ an. Weiterhin heißt es, Bildungsföderalismus fördere den Wettbewerb, „gleichzeitig darf er sich jedoch nicht in regionalen Zersplitterungen erschöpfen“. Damit bewegt sich die CDU vorsichtig auf eine Abschaffung des Kooperationsverbotes zu, wie sie auch Bundesbildungsministerin Annette Schavan fordert. Schavan hatte gesagt: „Wir brauchen eine Kooperationskultur, kein Kooperationsverbot.“ Auch nach einer dafür notwendigen Änderung des Grundgesetzes bleibe die Bildungspolitik „Herzstück der Landespolitik“, meinte die CDU-Politikerin.

Das Kooperationsverbot untersagt es dem Bund, in der Schulpolitik aktiv zu werden und die Länder an dieser Stelle finanziell zu unterstützen. Die Regelung war vor fünf Jahren in der Föderalismuskommission I mit Zweidrittelmehrheit festgeschrieben worden. Eine Folge der Bildungshoheit der Länder ist, dass die Schulsysteme von Land zu Land sehr unterschiedlich sind. Entstanden ist ein unübersichtlicher Flickenteppich an Schulformen. Ein Umzug für Familien mit schulpflichtigen Kindern ist mitunter schwierig.

Streit über Schulreform in NRW

Gerade in NRW ist ein heftiger Streit über Schukreformen entbrannt. Die CDU hatte erst am Montag eine weitere Einladung zu Gesprächen mit Rot-Grün abgelehnt, weil die Minderheitsregierung parallel auch mit der Linkspartei verhandelt. Ein „Schulfrieden“ ist somit wieder unwahrscheinlicher geworden.

Solange Rot-Grün mit den „Kommunisten“ eine Schulreform machen wolle, werde es keine Verhandlungen mit den Christdemokraten geben, sagte CDU-Fraktionschef Karl-Josef Laumann. Er forderte Rot-Grün zum Umdenken auf. Ein „wertegebundenes Schulsystem“ lasse sich unter Beteiligung der Linkspartei nicht erarbeiten.

Absage auch an „Einzelgespräch“

Am Freitag (24. Juni, 15.30 Uhr) wollen Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) und Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) in Düsseldorf mit FDP und Linken über einen Schulfrieden verhandeln. Die CDU hatte bereits am Sonntag abgesagt, weil die Linke von der Minderheitsregierung miteingeladen worden war.

Einen von Schulministerin Löhrmann angebotenen Spezialtermin für Gespräche nur zwischen Rot-Grün und CDU lehnte Laumann ebenfalls ab. Es dürfe keine „Parallelverhandlungen“ geben. In einem gemeinsamen Brief mit CDU-Landeschef Norbert Röttgen an die CDU-Basis kritisierte Laumann den „Stil“ von Löhrmann. Einladungen seien leider immer zunächst über die Medien erfolgt.

Es sei jetzt nicht die Zeit für „taktische Spielchen“, kritisierte Löhrmann die Verweigerungshaltung der größten Oppositionsfraktion. Sie sei „überrascht“ vom Verhalten der CDU. Schließlich habe die Union auch an der überparteilichen Bildungskonferenz gemeinsam mit der Linken teilgenommen, sagte die Ministerin.

„Wir lassen uns von der CDU nicht vorschreiben, mit wem wir sprechen“, sagte die Grünen-Politikerin der „Rheinischen Post“ (Dienstagausgabe) laut Vorabbericht. Allmählich müsse man glauben, dass die CDU auf Zeit spiele, weil sie in der Schulfrage zerstritten sei. In CDU-regierten Kommunen erfreut sich die rot-grüne Gemeinschaftsschule teils großer Beliebtheit.

Appell von Lehrergewerkschaft

Die Ergebnisse der Bildungskonferenz „dürfen nicht auf dem Altar parteipolitischer Eitelkeiten geopfert werden“, forderte der Chef des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE), Udo Beckmann.

Kritik am Nein der CDU kam auch von der SPD. „Ich kann die Argumentation der CDU nicht nachvollziehen. Ein Schulkonsens setzt die Beteiligung möglichst aller im Landtag vertretenen Parteien voraus“, sagte SPD-Fraktionschef Norbert Römer. „Die CDU zieht sich offenbar beleidigt in ihre Schmollecke zurück“, sagte der Landesvorsitzende der Grünen, Sven Lehmann.

Hintertür für CDU

Laumann hält für die CDU allerdings nach wie vor eine Hintertür offen. Offenbar könnten die Christdemokraten wieder in Gespräche einsteigen, falls die Konsensrunde zwischen SPD, Grünen, Linken und FDP scheitern sollte. „Dann würden wir neu überlegen. Ich bin aber kein Hellseher“, sagte der CDU-Oppositionsführer.

Nur gemeinsam mit der CDU könnte Rot-Grün die Verfassung ändern. Die Hauptschule ist bisher in der NRW-Verfassung garantiert. Die CDU hatte zugesagt, diese Garantie zu kippen, falls Rot-Grün den Bestand von Gymnasien und Realschulen festschreibt. Für eine einfache Novelle des Schulgesetzes wird die CDU dagegen nicht gebraucht. (dapd)