Düsseldorf. . Die Polizeigewerkschaften legen sich beim Thema Sicherungsverwahrung mit der Regierung an. Die zuständigen Minister machten Ferien, während entlassene Straftäter über Kinder herfielen, schimpft Gewerkschaftschef Rainer Wendt.
Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) streitet mit den Polizeigewerkschaften über den Umgang mit gefährlichen Sexualstraftätern. Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, kritisierte am Mittwoch, dass Minister in den Urlaub führen, anstatt rasch eine Neuregelung der Sicherungsverwahrung zu beschließen. Leutheusser-Schnarrenberger sagte, die Bundesregierung habe bereits die Möglichkeit geschaffen, Sexualstraftäter in die Therapieunterbringung zu verlegen. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) warnte vor weiteren Sicherheitslücken.
Die Sicherungsverwahrung kann unter anderem für Sexualstraftäter verhängt werden, die auch nach der Verbüßung ihrer Haft als gefährlich gelten. Das Bundesverfassungsgericht hatte im Mai aber alle gesetzlichen Vorschriften über die Anordnung und Dauer der Sicherungsverwahrung als verfassungswidrig verworfen.
Wendt sagte der „Passauer Neuen Presse“, die zuständigen Minister machten Ferien, während entlassene Straftäter über Kinder herfielen. „Hier wird endlos debattiert und gestritten und die Opfer haben das Nachsehen“, sagte er. „Für die Blockade der FDP habe ich kein Verständnis.“ Die Polizei müsse mit großem Personalaufwand freigelassene Straftäter überwachen. In erster Linie sei aber die Justiz gefordert und nicht die Polizei.
Polizeigewerkschaft will Täter öffentlich bekannt machen
Zugleich bekräftigte Wendt seine Forderung nach einer Veröffentlichung der Aufenthaltsorte gefährlicher Täter. „Eltern müssen ihre Kinder schützen können“, sagte er. Die Gefahr der Selbstjustiz sehe er nicht.
Leutheusser-Schnarrenberger wies die Forderung nach einem Internet-Pranger für Sexualstraftäter zurück. „Mit dem Rechtsstaat sind öffentliche Pranger unvereinbar“, sagte Leutheusser-Schnarrenberger der Zeitung. „Wenn man die Nachbarn gegen entlassene Häftlinge aufwiegelt, wird dem Schutz vor Gewalttaten nicht gedient.“ Die ohnehin schon überlastete Polizei brauche nicht noch zusätzliche Arbeit.
Auch versicherte die Ministerin, die Regierung werde die notwendige Neuregelung gemeinsam mit den Ländern schnell auf den Weg bringen, auch wenn das Bundesverfassungsgericht zwei Jahre Zeit dafür eingeräumt habe. „Jeder Missbrauch ist schrecklich“, sagte Leutheusser-Schnarrenberger.
Gewerkschafter zweifelt an elektronische Fußfessel
GdP-Vorsitzender Bernhard Witthaut sagte der Düsseldorfer „Rheinischen Post“: „Ein aus der Sicherungsverwahrung Entlassener hat die Möglichkeit, ins europäische Ausland zu gehen, aber er kann dann nicht mehr beobachtet werden.“ Die von einer Reihe von Bundesländern vorbereitete elektronische Fußfessel für Freigelassene sei eigentlich nur ein Hilfsmittel und kein geeignetes Instrument. „Sie verhindern dadurch keine einzige Straftat“, sagte Witthaut. Die Zentrale, bei der die Aufenthaltsdaten einliefen, wisse nicht, wer sich hinter der jeweiligen Kennnummer verberge. Nur wenn etwas passiert sei, könnten nachträglich die Daten an die Polizei übermittelt werden. (dapd)