Berlin. . Die Arbeitsagenturen haben vor allem im Pflegebereich nichts dagegen, Fachkräfte aus Südeuropa anzuwerben. Aber es gibt auch kritische Stimmen, die für Qualifizierung eigener Arbeitnehmer plädieren.
Essens Arbeiterwohlfahrt hat keine Personalsorgen in ihren Pflegeheimen. „Wir suchen niemanden“, sagt Referatsleiter Karlheinz Dieler. Einen Fachkräftemangel in Zukunft schließt er aber nicht aus. Weil die AWO gute Erfahrungen mit Migranten gemacht habe, wären ausländische Pfleger mit Deutschkenntnissen willkommen.
Wenn es nach der Arbeitsagentur geht, könnten Pfleger aus Portugal kommen. „Dort gibt es ein großes Interesse von Pflegekräften, in Deutschland zu arbeiten“, sagte die Direktorin der zur BA gehörenden Zentralen Auslands- und Fachvermittlung, Monika Varnhagen. „Hier finden wir unter Umständen Fachkräfte für deutsche Krankenhäuser und Pflegeheime.“
Zahl der Pflegefälle steigt rasant
Noch vor kurzem galten Osteuropäer als Rettungsanker für das Betreuungswesen, nun womöglich also Pfleger aus Portugal. Der Bedarf an professioneller Hilfe wird in Deutschland immer größer. Bis 2030 könnte die Zahl der Pflegefälle von 2,4 auf 3,4 Millionen steigen. Das Statistische Bundesamt warnt vor 152 000 fehlenden Pflegekräften im Jahr 2025.
Trotz Engpässen ist der Einsatz von ausländischen Pflegekräften umstritten. Die Befürworter sagen, dass es ohne sie nicht gehe, die Gegner warnen vor Dumpingpflege. So steht Pflegeratspräsident Andreas Westerfellhaus mit seiner Kritik am Abwerben von Pflegern aus dem Ausland nicht alleine da. Zunächst einmal solle man für mehr heimisches Personal sorgen, findet CDU-Pflegeexperte Willi Zylajew.
Sprache ist wichtig
Alle sind sich einig: Wer als Pfleger nach Deutschland kommt, sollte die Sprache beherrschen. Die größte Hürde bei der Vermittlung seien die fehlenden Sprachkenntnisse, sagte Varnhagen mit Blick auf Tausende arbeitslose Ingenieure und IT-Experten aus Spanien. Sie appellierte an die Arbeitgeber, auch Leute mit weniger guten Deutschkenntnissen einzustellen.
Varnhagen berichtet von einem regen Interesse der Spanier an Arbeit in Deutschland. Die BA habe mehrere Staaten im Blick: „Wir sondieren in Griechenland und Portugal.“ Aus Portugal könnten ebenfalls Ingenieure kommen. Für griechische Ärzte dürfte ein Auslandsaufenthalt ebenfalls reizvoll sein, weil sie zu Hause lange auf eine Facharzt-Ausbildung warten müssten.
Ärztemangel dadurch nicht zu beheben
Bundesärztekammer-Präsident Frank Ulrich Montgomery ist skeptisch. Der Ärztemangel sei nicht allein durch die Abwerbung von Ärzten zu beheben, sagte er. Mangelnde Sprachkenntnisse könnten zu Missverständnissen in der Patientenbehandlung führen. Und Oliver Burkhard, Chef der IG Metall in NRW, glaubt: „Die bessere Strategie heißt, vorhandene Fachkräfte aus Betrieben und Arbeitsmarkt aufqualifizieren.“ Mit dem Einkauf von Leiharbeit und der Abwerbung aus anderen Ländern sei gute Personalförderung und Weiterbildung auf Dauer nicht zu ersetzen.