Stuttgart. . Mehrere tausend Demonstranten haben am Samstag in Stuttgart erneut gegen das umstrittene Bahnprojekt „Stuttgart 21“ protestiert. Die Projektgegner kritisieren das Verhalten der Bahn beim Stresstest. Die Kundgebung verlief ohne Zwischenfälle.
Mehrere tausend Demonstranten haben am Samstag in Stuttgart erneut gegen das umstrittene Bahnprojekt „Stuttgart 21“ protestiert. Während die Polizei von etwa 7.000 Demonstranten vor dem Stuttgarter Hauptbahnhof sprach, zählten die Organisatoren rund 15.000 Teilnehmer.
Die Gegner der Tieferlegung des Bahnhofs forderten eine Offenlegung der absehbaren Kosten für das Bauvorhaben. Die Kundgebung verlief nach Polizeiangaben ohne Zwischenfälle.
Die BUND-Landesvorsitzende Brigitte Dahlbender forderte auf der Veranstaltung die Deutsche Bahn zu einem sofortigen Bau- und Vergabestopp auf und verlangte die Offenlegung aller derzeit absehbaren Kosten für das Projekt. Eine Beteiligung des Aktionsbündnisses gegen „Stuttgart 21“ an der Präsentation der Stresstest-Ergebnisse ließ Dahlbender offen. Man wolle erst nach einer sachlichen Prüfung entscheiden, ob man teilnehme. Dahlbender betonte: „Wir lassen uns nicht über den Tisch ziehen“.
Bahn erzeugt „künstlichen Zeitdruck“
Zudem kritisierte die BUND-Landesvorsitzende den ihrer Ansicht nach künstlich erzeugten Zeitdruck für die Vergabe von Aufträgen seitens der Bahn. So beweise beispielsweise die Verschiebung der Auftragsvergabe für den Tunnelbau, „dass es keinen Zeitdruck gibt, es sei denn die Bahn macht ihn“. Sie forderte die grün-rote Landesregierung auf, offensiv zu handeln und sich von der Bahn „nicht länger an der Nase herumführen zu lassen.“ Dies gelte auch für die Gesamtkosten des Projekts.
Einem Zeitungsbericht zufolge soll die Bahn dem Bundestag milliardenschwere Mehrkosten für den Bau der Neubaustrecke zwischen Wendlingen und Ulm mit dem Ziel verschwiegen haben, dass die geplante Trasse im Bundesverkehrswegeplan in die Kategorie vordringlicher Bedarf eingestuft wird. Die Bahn wies den Bericht umgehend zurück.
Menschenkette und Luftballon-Aktion
Die Demonstration am Samstag war voraussichtlich die letzte große Kundgebung vor der Vorstellung der Stresstest-Ergebnisse. Die öffentliche Präsentation war auf Ende Juli verschoben worden, weil die mit der Bewertung des Stresstests beauftragten Schweizer Firma SMA ihr Gutachten erst am 21. Juli vorlegen kann. Bei dem Leistungstest für den Stuttgarter Bahnknoten muss die Bahn nachweisen, dass der geplante Tiefbahnhof zur Spitzenzeit 30 Prozent mehr Verkehr abfertigen kann als der bestehende.
Im Anschluss an die Kundgebung bildeten mehrere hundert Teilnehmer entlang des Nordflügels, des Hauptgebäudes sowie des Südflügels des Hauptbahnhofes eine Menschenkette. Sie ließen Luftballons für den Erhalt des Kopfbahnhofs in den Himmel steigen. Aus Rücksicht auf ein zeitgleich stattfindendes Kinder- und Jugendfestival auf dem Schlossplatz und der Königstraße verzichteten die Veranstalter diesmal auf einen Demonstrationszug durch die Innenstadt. Nach Polizeiangaben verlief die Protestaktion ohne Zwischenfälle.
Am 20. Juni hatten Demonstranten eine Baustelle des Bahnprojekts gestürmt und rund fünf Stunden besetzt gehalten. Ein Zivilbeamter war laut Polizei durch Schläge und Tritte an Kopf und Hals verletzt worden. (dapd)