Berlin. . Die Koalition will im Wahljahr 2013 die Steuern senken. Für die Grünen ein durchsichtiges Wahlkampfmanöver der FDP. Zudem seien die Pläne völlig nutzlos für den Normalbürger.

Die Grünen halten die Steuersenkungspläne der Bundesregierung für unverantwortlich und falsch. Parteichef Cem Özdemir kritisierte das Vorhaben am Montag als „absolute Luftbuchung“. Seine Ko-Vorsitzende Claudia Roth sprach von einem „miesen Deal“ innerhalb der Koalition. Die Einigung erscheine als „Überlebenspaket für eine siechende FDP“.

Die Spitzen von Union und FDP hatten sich am Wochenende darauf verständigt, die Steuern und Sozialabgaben zum Jahresbeginn 2013 zu senken. Das Volumen und die Details stehen allerdings noch nicht fest.

Özdemir: „Verantwortungsloser Umgang mit Steuergeld“

„Es ist ein verantwortungsloser Umgang mit Steuerzahlergeld, dass für die Wiederbelebung einer Partei im Wahljahr 2013 Milliarden zum Fenster rausgeworfen werden sollen“, sagte Özdemir der Nachrichtenagentur dapd in Berlin. Das Geld werde an anderer Stelle dringend gebraucht.

Deutschland müsse sich um die Einhaltung der Schuldenbremse kümmern, mahnte der Grünen-Vorsitzende. Hinzu kämen viele Unwägbarkeiten beim Euro. Es sei deshalb eine „absolute Luftbuchung, jetzt für 2013 Steuersenkungen zu versprechen“. Die Aufgabe bestehe darin, die Schulden aus der Finanzkrise in dieser Generation wieder abzubauen. „Die Regierung ist aufgefordert, sich darüber Gedanken zu machen.“

Schwarz-Gelb folge sachlichen Notwendigkeiten aber nicht, beklagte er. Stattdessen gebe es dort immerzu „Geschacher“. Die Koalition versuche, sich von Tag zu Tag erneut zu retten. „Kurs und Richtung sind da nicht erkennbar.“

Roth: „Bürgerrechte für Steuermantra geopfert“

Roth bezeichnete die überraschende Steuereinigung als Hammer. „Für wie blöd hält diese schwarz-gelbe Restregierung die Menschen in diesem Land?“, sagte die Grünen-Vorsitzende. Zahlen nenne die Koalition erst gar nicht. Das Vorhaben sei nichts als ein „mieser Deal“. Die FDP habe ihren Widerstand bei den Sicherheitsgesetzen für das eigene Steuermantra aufgegeben. Die Einigung rieche „nach einem Überlebenspaket für eine siechende FDP“.

Die Pläne seien ohnehin „völlig unglaubwürdig“, sagte Roth. Schließlich brauche Schwarz-Gelb für Steuersenkungen den Bundesrat. Die Ministerpräsidenten hätten sich aber längst gegen solche Entlastungen ausgesprochen.

Trittin: „Neue Löcher im Haushalt“

Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin kritisierte das Koalitionsvorhaben als nutzlos für den Bürger. Wer die Menschen entlasten wolle, müsse die Sozialabgaben und nicht die Steuern senken, sagte Trittin im ARD-“Morgenmagazin“. Steuersenkungen brächten nicht den Normalbürgern, sondern nur den Spitzenverdienern etwas. Zudem rissen sie Löcher in die Haushaltskassen. Es habe in Deutschland bereits Steuersenkungen in Höhe von 6,6 Milliarden Euro gegeben. „Davon ist bei den Normalverdienern gar nichts angekommen“, beklagte er. Die Diskussion sei eine „völlig abgehobene Debatte der oberen Mittelschicht“.

Auch die SPD lehnt die Pläne der Koalition ab. SPD-Fraktionsvize Joachim Poß sagte im ARD-“Morgenmagazin“: „Weil wir keine Steuersenkung auf Pump machen sollten“. Es würden in diesem Jahr auf Bundesebene schon fast 30 Milliarden Euro neue Schulden aufgenommen, das sei „eine ungedeckte Rechnung“. Poß forderte: „Man muss auch Gegenfinanzierungsvorschläge nennen.“ Die SPD-geführten Länder würden Steuersenkungen im Bundesrat nicht zustimmen.

CDU-Ministerpräsidenten skeptisch

Selbst die Union steht nicht geschlossen hinter den Steuervereinbarungen. Saarlands Ministerpräsident Peter Müller sagte am Montag in Berlin vor Beratungen des CDU-Präsidiums, das Saarland habe „keinerlei Spielräume“, um Mehreinnahmen zur Finanzierung von Steuerentlastungen einzusetzen. Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier zeigte sich ebenfalls skeptisch. „Ich habe wiederholt gesagt, die Länder können sich das nicht leisten, da muss man drüber reden, wie es gehen soll.“ (dapd)