Essen. . Kriminelle machen sich zunehmend im Internet breit. 2010 wurden in Deutschland rund 60.000 Fälle von „Cybercrime“ registriert - 19 Prozent mehr als ein Jahr zuvor, berichtet der Branchenverband Bitcom. Jeder Fünfte surft ohne ausreichenden Viren-Schutz.
Das Internet wird zu einem Standard-Werkzeug der Kriminellen. 70 Prozent der User ab 14 Jahren haben schon einmal schlechte Erfahrungen im Netz gemacht – meist mit Viren und Schadprogrammen. Jeder siebte hat sich von einem Internet-Geschäftspartner betrogen gefühlt, meist bei Online-Auktionen. Und binnen Jahresfrist verdoppelt hat sich die Zahl derjenigen, deren Zugangsdaten ausspioniert wurden – von 3,7 Millionen auf jetzt etwa sieben Millionen Geschädigte.
„Der Trend bei Internet-Straftaten geht zum Ausspähen persönlicher Daten“, sagt Prof. Dieter Kempf, Präsident des Branchenverbandes Bitkom und Vorstandschef des Vereins „Deutschland sicher im Netz“ bei der Vorstellung einer großangelegten Umfrage am Donnerstag.
Kempf und Jörg Ziercke, Chef des Bundeskriminalamtes, zogen eine Bilanz von Cyber-Crime. Sie ermittelten neue Spielarten: Zunehmend geht es um digitale Erpressung. Täter fordern eine Art „Lösegeld“ und drohen bei Nichtzahlung mit der Weitergabe gestohlener Daten. Auch Schutzgeld wird erpresst. Unternehmen, die nicht darauf angehen, werden mit einem Cyber-Angriff bedroht.
Ziercke: „Die Internet-Betrüger arbeiten meist auf internationaler Ebene arbeitsteilig zusammen. Sie begehen nicht nur selbst die Straftaten, sondern bieten auch Schadprogramme oder komplette kriminelle Infrastrukturen in den Foren zum Kauf oder auch zur Miete an“.
85 Prozent der User fühlen sich von Internet-Kriminalität bedroht
Die Entwicklung der Sparte zeigt sich in einem Lagebericht des Bundeskriminalamtes. 2010 wurden rund 250.000 Fälle registriert, in denen das Internet für die Tat als Werkzeug missbraucht wurde. Das sind 20 Prozent mehr als im Jahr davor. Von 2009 auf 2010 stieg nur der registrierte Schaden von 37 Millionen auf knapp 62 Millionen Euro.
Ein großes Wachstumsfeld ist das Phishing im Zusammenhang mit dem Online-Banking, bei dem das BKA 2010 eine Steigerung von 82 Prozent feststellte. Der Durchschnittsschaden, der dabei angerichtet wird, liegt bei 4000 Euro. Ziercke: „Verschiedene Trojaner sind speziell auf den deutschen Bankenmarkt ausgerichtet. Sie verfügen über das technische Potenzial, das iTan-Verfahren erfolgreich anzugreifen“. BITKOM-Boss Kempf empfiehlt: „Wer Online Banking macht, sollte unbedingt auf die neuen Verfahren wie chip-TAN umsteigen“.
Mit der Kriminalität wächst auch die Angst der Nutzer. Fühlten sich 2010 noch 75 Prozent bedroht, sind es heute 85 Prozent. Einen Betrug beim Online-Banking fürchten 37 Prozent der von BITKOM Befragten. 59 Prozent haben die Furcht, dass ihre persönlichen Daten ausgespäht und missbraucht werden. Verblüffend: Trotz dieser Sorgen nutzen nur drei Viertel der user ein Virenschutzprogramm, lediglich 70 Prozent eine Firewall, die den Datenverkehr eines Rechners auf Sicherheitsprobleme hin kontrolliert. Jeder fünfte surft ohne Schutz.