Lore Barnhusen ist in diesen Tagen eine viel gefragte Frau. Die in Ellinghorst lebende 71-Jährige gehörte schließlich der deutschen Nationalmannschaft an, die am 23. September 1956 in Karnap ihr allererstes Länderspiel austrug.

18000 Zuschauer sahen seinerzeit einen 2:1-Erfolg der deutschen Elf gegen die Niederlande.

Die aus Gelsenkirchen stammende, aber längst in Gladbeck heimisch gewordene Lore Barnhusen kann also viel erzählen über jene Zeit, als der Frauenfußball in Deutschland laufen lernte. „Der Frauenfußball boomt“, stellt sie fest.

Kein Neid

Ein ausverkauftes Berliner Olympiastadion beim Eröffnungsspiel der Weltmeisterschaft am morgigen Sonntag gegen Kanada, Public-Viewing-Angebote in vielen Städten, Nationalspielerinnen als Werbe-Ikonen - „daran war seinerzeit überhaupt nicht zu denken“, sagt Lore Barnhusen. Neidisch auf die aktuelle Generation der Fußballerinnen ist sie nicht. „Ich freue mich“, betont die Frau der ersten Stunde.

In den nächsten Tagen wird Lore Barnhusen im heimischen Wohnzimmer die WM-Spiele am Fernseher verfolgen und der deutschen Mannschaft die Daumen drücken. Wobei das eigentlich gar nicht nötig sei: „Bundestrainerin Silvia Neid hat ja einen super Kader zusammen.“ Deshalb geht die Fußball-Pionierin auch davon aus, dass Birgit Prinz & Co. ihre erste Partie gegen Kanada gewinnen.

Kann das Team Schwarz-Rot-Gold zum dritten Male in Folge Weltmeister werden? „Das wollen wir doch hoffen“, sagt Lore Barnhusen, die allerdings noch eine zweite Auswahl auf dem Favoriten-Zettel hat. „Brasilien ist immer gut drauf“, sagt sie. Brasilien mit Marta, der Weltfußballerin des Jahres 2006, 2007, 2008, 2009 und 2010.

An ihre Zeit als Aktive kann sich Lore Barnhusen noch gut erinnern. An die Anfänge, als sie mit den Jungs auf der Straße kickte und dabei normale Arbeitsstiefel trug, wie an die Zeit, als sie auf der Suche nach einer Damenfußballmannschaft erst in Essen fündig wurde. Der FC Kickers war eine von wenigen Frauenfußballteams in Nordrhein-Westfalen. Um zum Training zu kommen, stand für Lore Barnhusen zunächst ein 20-minütiger Fußmarsch bis nach Horst auf dem Programm, die anschließende Fahrt mit der Straßenbahn zum Trainingsgelände nahm eine weitere Stunde in Anspruch.

Jenen 23. September 1956, als das Länderspiel gegen die Niederlande ausgetragen wurde, hat Lore Barnhusen ebenfalls noch gut vor Augen: „Es war das erste Mal, dass wir so zusammenspielten. Viele von uns waren vor dem Spiel so aufgeregt, dass sie sogar geweint haben.“ Lore Barnhusen war gerade einmal 16 Jahre alt und damit mindestens vier Jahre jünger als ihre Mitspielerinnen. Sie hatte mit guten Leistungen auf der Linksaußen-Position und im Mittelfeld auf sich aufmerksam gemacht.

Ihre Mutter war übrigens nicht begeistert davon, dass Lore Fußball spielte. Sie befürchtete, dass ihre Tochter „dicke Beine“ bekommen würde. Eine Sorge, die sich trotz zahlreicher blauer Flecken an den Beinen und den Knien als unberechtigt erwies. Lore Barnhusen wurde später sogar von Firmen als Mannequin für Mäntel, Kostüme und Trikots gebucht.

Lore Barnhusen kann viel erzählen über die Anfangszeit des Frauenfußballs in Deutschland. Nicht gut zu sprechen ist sie allerdings auf die DFB-Spitze, die den Frauen der ersten Stunde anders als viele Medien vor der WM keine Beachtung schenkte. Eine Einladung zum Eröffnungsspiel in Berlin? Fehlanzeige. „Das ist traurig“, findet Lore Barnhusen.